Immer mehr deutsche Unternehmen sind mit Erfolg im Irak geschäftlich tätig. Dabei ist das Potenzial der bilateralen Beziehungen längst nicht ausgereizt. Die irakische Regierung wünscht sich ein noch stärkeres Engagement der deutschen Wirtschaft. Das war der Tenor auf dem 3rd Iraqi-German Business and Investment Forum in Berlin.

Auch in diesem Jahr nahm eine große Delegation aus dem Irak an dem Forum teil. Mehr als die Hälfte aller rund 400 Teilnehmer war aus dem Zweistromland angereist, darunter Dr. Rowsch N. Shaways, der für die Wirtschaft zuständige stellvertretende Ministerpräsident der Republik Irak, Dr. Sami Al-Araji, der Vorsitzende der National Investment Commission (NIC), und zahlreiche irakische Minister. Außerdem waren die Gouverneure und hochrangige Vertreter zahlreicher irakischer Provinzen präsent. Veranstaltet wurde das Forum, das am 19. und 20. Februar 2014 im Hotel Ritz-Carlton stattfand, von der Ghorfa und der Botschaft der Republik Irak in Berlin.

Eröffnet wurde das Forum von Olaf Hoffmann, Ghorfa-Vizepräsident. Er versicherte, dass die Ghorfa auch künftig alles unternehmen werde, um die Anbahnung von Geschäften mit potenziellen irakischen Partnern nachhaltig zu unterstützen. Das irakisch-deutsche Forum sei die ideale Plattform, um persönliche Kontakte zu knüpfen. Diese seien das „A und O“ bei Geschäften in der arabischen Welt. Die Referenten bestätigten in ihren Reden und Präsentationen diese Einschätzung und würdigten das Forum unisono als exzellente Veranstaltung.    

Nach Einschätzung von Dr. Hussain M. F. Alkhateeb, irakischer Botschafter in Berlin, haben die deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen in der jüngeren Vergangenheit einen beachtlichen Aufschwung erlebt. So sei der Warenaustausch jährlich um 20 bis 25 Prozent gewachsen, und inzwischen seien etwa 1.200 deutsche Unternehmen auf dem irakischen Markt tätig. Sie deckten alle Regionen und Städte ab. Der Irak wünsche sich aber ein noch stärkeres Engagement in dem Zweistromland. Starke Partnerschaften lägen im Interesse beider Seiten.   

Laut Brita Wagener, deutsche Botschafterin in Bagdad, sei im Irak wirtschaftlich schon viel erreicht worden. Der deutsch-irakische Warenaustausch sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Deutsche Technologie werde in dem Zweistromland bewundert, und sie hoffe, dass diese Wertschätzung verstärkt zu konkreten Projekten führe. In jedem Fall habe der Irak für deutsche Unternehmen viel Potenzial. Ein Hindernis sei die Sicherheitslage. Frieden und Stabilität müssten höchste Priorität haben. Eine entscheidende Etappe seien diesbezüglich die Parlamentswahlen Ende April.

Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, zeigte sich beeindruckt von der irakischen Präsenz auf dem Forum. Deutschland genieße im Irak einen hohen Stellenwert. Die wirtschaftliche Entwicklung im Irak in den zurückliegenden Jahren bezeichnete der Staatssekretär als eindrucksvoll. Da Wohlstand und Stabilität eng zusammenhingen, hoffe er, dass sich der Aufschwung fortsetze. Auch müssten die wirtschaftlichen Reformen fortgeführt werden, um eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur zu erreichen. Der Staatssekretär sieht für deutsche Unternehmen noch großes Potenzial im Irak. Dies gelte für kleine und mittlere Unternehmen wie für die Großindustrie.

Dr. Rowsch N. Shaways betonte in seiner Eröffnungsrede das große Potenzial der irakischen Wirtschaft. Der Irak sei reich an Menschen und natürlichen Ressourcen. In allen Branchen gebe es große Investitionschancen. Ziel sei es, eine vielfältige Volkswirtschaft aufzubauen, die weniger abhängig vom Öl sei. Dabei solle künftig der private Sektor eine bedeutendere Rolle spielen als bisher. Vom Übergang zu einer Marktwirtschaft verspreche man sich neue Dynamik. In diesem Zusammenhang betonte Dr. Shaways, dass die Korruptionsbekämpfung für die irakische Regierung hohe Priorität habe. Beim Wiederaufbau, so Dr. Shaways weiter, sei sein Land auf die Beteiligung ausländischer Unternehmen angewiesen. Deutsche Unternehmen stünden dabei an vorderster Stelle. Der Irak brauche wie in früheren Jahrzehnten deutsche Erfahrung und deutsches Know-how. „Deutsche Unternehmen sind im Irak herzlich willkommen“, so Dr. Shaways.

Eine herausragende Rolle bei der Entwicklung und Diversifizierung der Wirtschaft des Landes nimmt der National Development Plan (NDP) ein, der Investitionen im Wert von rund 357 Mrd. US-Dollar für den Zeitraum 2013-2017 vorsieht. Der Betrag soll in fünf Hauptsektoren verwendet werden: Energie, Bau und Dienstleistungen, Landwirtschaft, Bildung, Verkehr und Kommunikation. Die irakische Regierung zielt durch die Investitionen auf die Stärkung der Industrie, auf die Reduktion der Armutsrate des Landes auf 16 Prozent bis 2017 sowie auf die Verringerung der wirtschaftlichen Disparitäten ab. Der Plan, welcher insbesondere das irakische Planungsministerium entwickelte, wurde im September 2013 in Bagdad vorgestellt und war auf dem Forum das Thema des 4. Panels.

Als Gastrednerin beim offiziellen Dinner sprach auch Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: „Handel und Wirtschaft sind Schlüsselfaktoren, um Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen.“ Deutschland und Irak verbänden enge freundschaftliche Beziehungen, die bis weit vor die Gründung des modernen irakischen Staates zurückreichten. Deutschland wolle beim politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprozess Unterstützung leisten.

Insgesamt fanden Sessions statt, in denen über 45 Sprecher zur Bauindustrie, Infrastruktur und Industrie, Gesundheitswesen, Bildungssektor, Energie, Wasser, Abwasser und Stadtplanung referierten. Die deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen sowie die Chancen für Geschäftsanbahnungen mit den Provinzen im Irak wurden ebenso beleuchtet.

Die Provinzen bieten zahlreiche Investitionsmöglichkeiten. In Ninawah soll die Ölproduktion ausgebaut werden; derzeit wird nur ein Bruchteil des Potenzials genutzt. In Bagdad gibt es große Wohnungsbauprojekte, um die hohe Nachfrage nach Wohneinheiten zu decken, wie beispielsweise der Bismayah Housing Complex. In der Provinz Najaf sollen die Industrie und der Bausektor ausgebaut werden. Ebenso spielt dort der Tourismus eine wichtige Rolle. Basra weist ein hohes Potenzial im Bereich von Energie auf, da sich hier über 60 Prozent des irakischen Öls befinden. Durch die gute finanzielle Aufstellung der Provinz werden momentan zahlreiche Projekte umgesetzt. Flaggschiff ist hierbei der Ausbau der Häfen. Die Region Kurdistan mit ihrem großem Potenzial für eine Zusammenarbeit und Stabilitätsfaktor könnte als Türöffner für den gesamten Irak dienen. 

  

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