Tunesien verfügt derzeit über eine Stromerzeugungskapazität von 5 944 MW, die in 25 Kraftwerken installiert ist, wie die US-International Trade Administration angibt. Das staatliche Stromversorgungsunternehmen STEG (Société Tunisienne de l‘ Electricité et du Gaz) kontrolliert 92,1 Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität des Landes und produziert 83,5 Prozent des Stroms. Der Rest wird aus Algerien und Libyen importiert. Etwa 97 Prozent der Elektrizität in Tunesien wird aus fossilen Brennstoffen, hauptsächlich Erdgas, erzeugt, wobei fast 47 Prozent des tunesischen Erdgasbedarfs (Juni 2023) durch Importe, hauptsächlich aus Algerien, gedeckt werden. Die einheimische Gasproduktion stammt aus den Konzessionen der nationalen Explorationsgesellschaft ETAP (Entreprise Tunisienne d‘ Activités Pétrolières) sowie aus den Konzessionen ausländischer Unternehmen. Nur 3 Prozent des tunesischen Stroms (2022) werden aus erneuerbaren Energien, einschließlich Wasser-, Sonnen- und Windenergie, erzeugt.

Die ersten Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien wurden in der zweiten Jahreshälfte 2017 angekündigt, und bisher hat die Regierung 24 Solarprojekte mit je 10 MW, zwei Solarprojekte mit je 50 MW, zwei Solarprojekte mit je 100 MW, ein Solarprojekt mit 200 MW und vier Windprojekte mit je 30 MW an private Unternehmen vergeben. Die meisten dieser Projekte haben noch nicht begonnen, Strom zu erzeugen. Obwohl die Energieerzeugung auf der Basis von Kohlenwasserstoffen in Tunesien in naher Zukunft weiterhin dominieren wird, ist das Wachstumspotenzial der Wind- und Solarenergie beträchtlich.

Die Regierung ist sehr daran interessiert, in erneuerbare Energietechnologien zu investieren, um die wachsende inländische Stromnachfrage zu decken. Das 2015 verabschiedete Gesetz über erneuerbare Energien ermutigt private Unternehmen zur Erzeugung und Nutzung sauberer Energie. Bis Juni 2023 verfügte Tunesien über eine installierte Kapazität von 565 MW an erneuerbaren Energien, davon 240 MW an Windkraft, 263 MW an Solarenergie und 62 MW an Wasserkraft, was zusammen 8 Prozent der nationalen Energieerzeugungskapazität entspricht. Die tunesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugungskapazität bis 2030 auf 35 Prozent zu erhöhen. Tunesiens reichhaltige Solar- und Windressourcen sowie seine Nähe zu Europa, das einen erhöhten Bedarf an neuen und sauberen Energiequellen hat,  machen es zu einem sehr attraktiven Standort für die Produktion von grünem Wasserstoff.

In den letzten zehn Jahren hat die STEG aktiv Stromerzeugungsprojekte auf den Weg gebracht, von denen einige mit der Kombikraftwerkstechnologie von General Electric (USA) arbeiten. Neben General Electric gehören Mitsubishi (Japan), Ansaldo (Italien) und Siemens zu den wichtigsten Akteuren im Gasturbinensektor. Zwei Ausschreibungen für Gaskraftwerke aus dem Jahr 2014 wurden 2017 und 2018 vergeben und gingen 2019 und 2022 ans Netz. Es wird erwartet, dass Tunesien in den nächsten Jahren weitere Ausschreibungen für Gaskraftwerke veröffentlichen wird. Im Bau befindet sich gegenwärtig das Gaskraftwerk Skhira 2 mit einer Kapazität von 450 MW, das 2026 in Betrieb gehen soll.

In Tunesien signalisieren die Projekte für erneuerbare Energien einen Wechsel in die richtige Richtung. Im September 2024 informierte die Agentur Zawya über die Unterzeichnung von zwei Vereinbarungen zwischen der tunesischen Regierung und den norwegischen und japanischen Unternehmen Scatec und Aeolus über den Bau von Solarkraftwerken in Sidi Bouzaid und Tozeur, die mit einer Kapazität von je 50 MW bis 2025 in Betrieb genommen werden sollen. Weitere Aufträge wurden für die Projekte Gafsa (100 MW) und Tataouine (200 MW) vergeben. Diese Projekte sollen in der zweiten Hälfte der Jahre 2025 und 2026 in Betrieb genommen werden.

Wie die indische Informationsplattform ESG MENA im Oktober 2024 berichtete, soll das Kairouan Solar PV-Projekt nach seiner für 2025 geplanten Inbetriebnahme eine Kapazität von 120 MW erreichen. Das vollständig im Besitz von AMEA Power befindliche und durchgeführte Projekt ist das erste privat finanzierte Solarstromprojekt des Landes. Das Projekt im Wert von 86 Mio. US-Dollar wird von der International Finance Corporation und der Afrikanischen Entwicklungsbank finanziert. Diese Projektankündigung ist das jüngste Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien in Tunesien.