Die nationale Energiestrategie Jordaniens für den Zeitraum 2020-2030 zielt darauf ab, die Energiesicherheit durch die Verbesserung der Energieeffizienz, die Diversifizierung des Energiemixes, die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien am gesamten Energiemix, die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen und die Senkung der Energiekosten zu verbessern. Außerdem zielt die Strategie darauf ab, die Abhängigkeit von importierten Öl-Brennstoffen zur Stromerzeugung zu verringern. Jordanien verfügt über ein langfristiges Potenzial für erneuerbare Energien, da es durchschnittlich 316 Sonnentage pro Jahr hat, Windgeschwindigkeiten zwischen 7 und 8,5 m/s aufweist und über große Wüstengebiete mit geringer Bevölkerungsdichte verfügt.
Nach Informationen von MEED hat Jordanien am 01. Februar 2023 eine neue Stromspitzenlast erreicht, die vom staatlichen Stromversorger National Electric Power Company (NEPCO) mit 4.060 MW gemessen wurde. Der bisherige Spitzenwert lag bei 4.010 MW im Januar 2022. Mit einer installierten Gesamtkapazität von über 6.400 MW ist das Königreich in der Lage, die Nachfragespitzen zu bewältigen. Außerdem kann Jordanien von Batteriespeichersystemen sowie vom Netzverbund mit seinen Nachbarländern profitieren.
Jordanien will in der Region Naher Osten und Nordafrika seine Führungsrolle im Bereich der erneuerbaren Energien behaupten. Gegenwärtig liegt es nach Ägypten und den VAE an dritter Position. Die Erzeugerkapazität der Solar- und Windkraftanlagen beläuft sich auf den beachtlichen Wert von 2.371 MW, was etwa 37 % der Gesamtkapazität ausmacht. Im Februar 2023 weihte die Baynouna Solar Energy Company (BSCE) den 200-MW-Solarpark Baynouna offiziell ein. BSCE ist ein Joint Venture des in den VAE ansässigen Unternehmens Masdar und der finnischen Investitions- und Vermögensverwaltungsgruppe Taaleri. Das Projekt ist nach dem 117-MW-Windpark Tafila, der 2015 fertiggestellt wurde, die zweite Anlage von Masdar im Bereich erneuerbare Energien in Jordanien. Die Einweihung erfolgte im Anschluss an die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen Masdar und dem jordanischen Ministerium für Energie und Bodenschätze im November 2022, um die Entwicklung weiterer Projekte für erneuerbare Energien mit einer Leistung von 2 GW zu prüfen. Auch macht Jordanien Fortschritte beim Aufbau eines kleinen Solarenergie-Vertriebsnetzes. So erklärte sich im Februar 2023 die jordanische Safwa Islamic Bank bereit, dem in Amman ansässigen Unternehmen Future Sun Renewable Energy Systems 70 Mio. JD (98,7 Mio. US-Dollar) zur Finanzierung eines 100-MW-Solarenergieprojekt zur Versorgung von 84 Industrieunternehmen, die Future Sun-Aktionäre sind, bereitzustellen. Das Projekt wird voraussichtlich die Stromkosten um 15 Mio. JD senken, und jeder Nutznießer wird eine Photovoltaikanlage mit einer maximalen Leistung von 2 MW zur Verfügung haben. Auch bereitet sich die jordanische Regierung darauf vor, noch 2023 einen Entwurf für eine Strategie für grünen Wasserstoff vorzulegen, so Quellen aus der Industrie gegenüber MEED. Es wird davon ausgegangen, dass die US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) das Land bei der Ausarbeitung des Strategieentwurfs unterstützen wird.
Jordanien gehört zu den zehn wasserärmsten Ländern der Welt. Deshalb genießen Wasserinfrastrukturvorhaben besondere Priorität. Im Februar 2023 haben das Ministerium für Wasser und Bewässerung und die lokale Arab Towers Contracting Company einen Vertrag im Wert von 83,5 Mio. US-Dollar über die Planung und den Bau eine Kläranlage in der Region Ghabawi unterzeichnet. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wird ein Darlehen in Höhe von 43,4 Mio. US-Dollar gewähren, während die EU einen Zuschuss von 31,5 Mio. US-Dollar für das Projekt bereitstellen wird. In der Region Ain Ghazal wird die Wasserbehörde eine Kläranlage mit Abwassertanks anstelle der üblichen Reinigungsanlagen errichten. Engicon und CDM Smith Europe haben einen Überwachungsvertrag über 1,2 Mio. US-Dollar für dieses Projekt unterzeichnet, das durch einen Zuschuss der EBRD finanziert wird. Die Wasserbehörde plant ferner die Errichtung eines 200-MW-Wasserkraftwerks in Al-Mujib und ein System zur Wasserentsalzung in Hisban.
Das größte einzelne Wasserinfrastrukturprojekt des Landes, nämlich das auf 2 Mrd. US-Dollar geschätzte Aqaba-Amman-Projekt zur Wasserentsalzung und -weiterleitung, verzögert sich weiter. Das Projekt wird Wasser aus dem Roten Meer am Golf von Aqaba im Süden entnehmen, es entsalzen und über 450 km nach Norden in die Hauptstadt Amman und ihre Umgebung leiten. Die erste Phase umfasst den Bau einer Entsalzungsanlage mit einer Kapazität von 280.000 m³/Tag, und eine geplante zweite Phase wird die Gesamtproduktion der Entsalzungsanlage auf 600.000 m³/Tag erhöhen. Nach Informationen der Europäischen Investitionsbank unterzeichnete sie im Dezember 2022 ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. EUR mit Jordanien und war damit die erste Institution, die sich zur Finanzierung des Projekts verpflichtete. Das Vergabeverfahren läuft, und der Baubeginn wird für Juni 2024 erwartet. Die jordanische Regierung hofft, den Großraum Amman bis Ende 2028 mit entsalztem Wasser versorgen zu können, damit die Menschen kein Wasser mehr rationieren müssen. Im Juni 2023 informierte die Weltbank, dass sie zur Verbesserung der Effizienz der Wasserversorgung durch die Sanierung der Wasserverteilungsnetze und die Stärkung des Dürremanagementsystems im Königreich eine Finanzierung in Höhe von 250 Mio. US-Dollar genehmigt hat.