Für Unternehmen, die in Saudi-Arabien oder den VAE Fuß fassen möchten, sind Joint Ventures (JV) Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) sehr attraktiv. Partnerschaften können erhebliche Vorteile bringen, etwa bei größeren Infrastrukturprojekten. Zu beachten sind jedoch die lokale Geschäftskultur und die teils sehr unterschiedlichen rechtlichen und behördlichen Anforderungen.

Bei einem JV bündeln in der Regel zwei oder mehreren Unternehmen ihr Kapital und Know-How in einer neuen Gesellschaft und teilen gleichzeitig auch die damit verbundenen Risiken. Als gesellschaftsrechtliches Vehikel bietet sich für JVs in beiden Ländern in der Regel die Gründung einer Limited Liability Company (LLC) an, die mit einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vergleichbar ist.

Eine Besonderheit sowohl in den VAE als auch in Saudi-Arabien ist, dass bei der Errichtung einer LLC der gesellschaftsrechtliche Gründungsvorgang zwingend mit Vorgaben des Gewerberechts verknüpft ist. So muss in beiden Ländern schon bei der Gründung einer LLC im Einzelnen bestimmt werden, welche Erlaubnisse (sogenannte Lizenzen) notwendig sind. Je nach Ausrichtung der kommerziellen Tätigkeit kommen Handelslizenzen, Service-Lizenzen und Industrielizenzen in Betracht. Für bestimmte Lizenzen müssen Sondergenehmigungen einer Fachaufsicht eingeholt werden.

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass Partner eines JVs in beiden Ländern einen möglichst detaillierten Gesellschaftsvertrag abschließen sollten, der Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeit aller Beteiligten umfassend regelt und unerwünschte Haftungsrisiken auf ein Minimum reduziert. Der Vertrag sollte auch schon gleich Mechanismen zur Konfliktlösung enthalten. Bedeutsam sind zudem Regelungen zur Finanzierung, zur Übertragbarkeit von Anteilen oder zur Beendigung des JVs.

Der Gesellschaftsvertrag muss bei der zuständigen Behörde registriert werden. Unter Umständen kann neben dem Gesellschaftsvertrag auch der Abschluss eines zusätzlichen JV-Vertrages sinnvoll sein, in dem die Beteiligten ausführlichere Regelungen zu Ihrer Zusammenarbeit treffen können. JV-Verträge können allerdings nicht bei den Behörden registriert werden. Hier ist darauf zu achten, dass JV-Verträge mit den Bestimmungen des registrierten Gesellschaftsvertrages möglichst übereinstimmen.

JVs können sowohl in den VAE als auch in Saudi-Arabien entweder mit lokalen oder auch mit ausländischen Partnern gegründet und geführt werden. Wir empfehlen, dass bei der Wahl eines Partners sollte vor der Gründung immer auch eine ausreichende Due-Diligence-Prüfung durchgeführt wird, zumal in den Ländern am Golf Handelsregisterauskünfte oftmals nur begrenzt erhältlich sind.

Vereinigte Arabische Emirate

Bei der Gründung von JVs in den Vereinigten Arabischen Emiraten gelten primär die Vorschriften des „Federal Decree-Law No. 32/2021 (Commercial Companies Law)“. JVs können als Gesellschaften im Staatsgebiet in einem der sieben Emirate der VAE oder auch in Freihandelszonen gegründet werden. Sowohl in den einzelnen Emiraten als auch in Freihandelszonen können zusätzlich zum „Commercial Companies Law“ speziellere Regelungen Anwendung finden; in den Finanz-Freihandelszonen „Abu Dhabi Global Markets (ADGM)“ und „Dubai International Financial Centre (DIFC)“ gelten eigene gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen.

Früher musste in den VAE grundsätzliche und zwingend ein lokaler Partner beteiligt werden. Das ist mittlerweile nicht mehr nötig. Beschränkungen gibt es lediglich partiell und nur in speziellen Bereichen und Sektoren, die als besonders sensibel eingestuft werden. Oft wird hier von Gesetzgebern und Behörden mit sogenannten „Negativlisten“ gearbeitet, welche auch als Schutz für die heimische Versorgungswirtschaft sowie besonders kritische Infrastrukturen dienen.

Um eine reibungslose Geschäftstätigkeit sicherzustellen, müssen sich Unternehmen bei der Gründung von JVs auch um eine rechtzeitige Abstimmung mit den zuständigen Behörden bemühen. Die „Departments of Economic Development DED (im Emirat Dubai umbenannt in Department of Economy and Tourism, DET)“ sind die zentralen Behörden in den einzelnen Emiraten der VAE. Sie sind für die Registrierung von Unternehmen und die Ausstellung von Handelsgenehmigungen zuständig. Unternehmen müssen sich grundsätzlich bei dem DED registrieren lassen, um ihre Geschäftstätigkeit in den VAE aufnehmen zu können.

Seit dem 1. Juni 2023 gilt (mit bestimmten Ausnahmen) für alle in den VAE ansässigen Gesellschaften eine Körperschaftsteuer mit einem Steuerregelsatz von 9 Prozent.

Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien basieren die rechtlichen Rahmenbedingungen für JVs auf dem Gesellschaftsgesetz aus 2022 „(Saudi Arabia Cabinet Decision No.678/1443)“. Ausländische Investoren können in Saudi-Arabien schon deutlich länger als in den VAE ohne zwingende lokale Beteiligung investieren, allerdings gelten auch hier gewisse Beschränkungen. Zum Einen gibt es auch in Saudi-Arabien spezielle gewerbliche / kommerzielle Aktivitäten, die Einheimischen vorbehalten sind. Zum Anderen sind für Handelstätigkeiten besondere Investitionsvoraussetzungen hervorzuheben: So können ausländische Investoren zwar Handelstätigkeiten ausüben und auch bis zu 100 Prozent der Anteile an entsprechenden LLCs halten; jedoch gelten für derartige Konstellationen hohe Kapitalanforderungen.

Ebenfalls zu erwähnen sind die sogenannten „Regional Headquarter“ (RHQ)-Regularien, welche seit dem 1. Januar 2024 gelten. Gemäß den RHQ-Regularien sollen multinationale Unternehmen, die bereits Niederlassungen in der MENA-Region haben und die an öffentlichen Ausschreibungen in Saudi-Arabien teilnehmen möchten, ihr regionales Headquarter in Saudi Arabien haben.

Chancen überwiegen

Zentrale Behörde für die Koordinierung ausländischer Investitionen ist das „Ministry of Investment of Saudi Arabia“ (MISA). Daneben sind, je nach gewerblicher Ausrichtung des JVs, ebenso wie in den VAE Genehmigungserfordernisse einer Fachaufsicht zu berücksichtigen.

JVs unterliegen in Saudi-Arabien mehreren Steuern. Einerseits gilt die sogenannte Zakat für die Anteile der saudischen Partner (Pauschalsatz von 2,5 Prozent). Zum anderen werden JVs in Saudi-Arabien für die Anteile der nicht-saudischen Partner mit einer Körperschaftsteuer belegt bei einem Regelsteuersatz von 20 Prozent.

Wegen der hohen Regelungsdichte und unterschiedlicher Handhabung gesellschafts- und gewerberechtlicher Themen in den beiden Ländern und vor allem auch in den einzelnen Emiraten der VAE ist eine umfängliche Planung und Vorbereitung eines JV-Vorhabens unerlässlich. Trotz dieser Anforderungen bieten JVs in den VAE oder Saudi-Arabien nach wie vor bedeutende Chancen für Unternehmen.

Beide Länder zeichnen sich durch eine robuste Wirtschaft und vergleichsweise stabile politische Verhältnisse aus. Durch die Gründung eines JV können Unternehmen von den unterschiedlichen Marktkenntnis und den Ressourcen ihrer Partner profitieren und somit den Markteintritt in die Region erleichtern.

Die jüngsten Reformen in beiden Ländern zielen auf eine weitere Diversifizierung der Wirtschaft und eine Stärkung des privaten Sektors, die mit staatlichen Anreizen und einem unternehmerfreundlichen Umfeld einhergeht. Insgesamt bieten deshalb sowohl die VAE als auch Saudi-Arabien attraktive Möglichkeiten für langfristige Investitionen.

Von Andrés Ring (Partner) und Julian Steimer (Associate) bei SCHLÜTER GRAF

SCHLÜTER GRAF Legal Consultants ist eine der führenden Wirtschaftsrechtskanzleien im Nahen Osten. Das Büro in Dubai wurde 1995 gegründet, es dient als Knotenpunkt für Tätigkeiten in der gesamten Region.
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