Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos besuchten Anfang Februar dieses Jahres Ägypten und die arabische Golfregion. Zur Delegation, die von hochrangigen Wirtschaftsvertretern begleitet wurde, gehörte auch Thomas Bach, Präsident der Arabisch-Deutschen Vereinigung für Handel und Industrie (Ghorfa)
Merkels erster Besuch in der arabischen Welt war schon im Vorfeld mit hohen politischen Erwartungen verknüpft worden. Schließlich fiel die Reise der Bundeskanzlerin in eine Zeit, in der Deutschland gerade die Ratspräsidentschaft innerhalb der Europäischen Union (EU) übernommen hatte. Vor diesem Hintergrund stand im Mittelpunkt von Merkels politischen Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs Ägyptens, Saudi-Arabiens, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Kuwaits die aktive Rolle der Europäischen Union in dem ins Stocken geratenen Nahost-Friedensprozess.
Der zweite Schwerpunkt der Merkel-Reise lag in der Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands zu den besuchten Ländern. Zugleich setzte sich die Kanzlerin für eine Verbesserung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Golfstaaten ein. Merkel plädierte dafür, die Handelsschranken zwischen beiden Seiten so schnell wie möglich einzureißen und eine Freihandelszone zu schaffen. „Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, hier zu einem Abschluss zu kommen“, erklärte die Ratspräsidentin. Vielleicht sei das noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft möglich. „Das wäre, so Merkel, „ein wichtiges Signal.“ Bei Ihrem Besuch auf dem Deutsch-Ägyptischen Wirtschaftsforum in Kairo hob die Kanzlerin die Bereiche Energie (einschließlich erneuerbare Energien), Infrastruktur, Gesundheitswesen sowie Bildung und Ausbildung als die zentralen Felder für die künftige Wirtschaftskooperation beider Länder hervor.
Merkel lobte die enormen Anstrengungen Ägyptens zur Entwicklung der Wirtschaftsstruktur des Landes. Die eingeschlagene Reformpolitik der ägyptischen Regierung greife, sagte die Kanzlerin. Das belegten die dynamischen Wachstumsraten zwischen fünf und sieben Prozent in den letzten drei Jahren. Ägypten mache sich zunehmend frei von staatlichen Regulierungseingriffen in die Wirtschaft und präsentiere sich mehr und mehr als attraktiver Wirtschaftsstandort. Auch die Chancen für den Ausbau der bilateralen Beziehungen mit Saudi-Arabien stünden durchaus gut, so der Meinungstenor der Delegationsmitglieder.
Durchweg positive Geschäftsaussichten für deutsche Unternehmen bestehen dabei vor allem in den Bereichen Infrastruktur und Anlagenbau. Zudem sollen deutsche Firmen in weit größerem Maße an der Förderung und Exploration von Öl- und Gasvorkommen beteiligt werden, so saudische Regierungskreise. Zugleich wurde bei Merkels Besuch in Riad bekannt, dass die Verhandlungen zum Abschluss des Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Staaten des Golf-Kooperationsrates (GCC-Staaten) noch im ersten Quartal dieses Jahres wieder aufgenommen werden sollen.
Dabei geht es nur noch um die Abschnitte zur Dienstleistungsfreiheit in den Bereichen Transport und Finanzen, die bislang noch nicht unterschriftsreif sind. In den Vereinigten Arabischen Emiraten waren sich der VAE-Präsident, S.H. Shaikh Khalifa Bin Zayed Al Nahyan, und die deutsche Bundeskanzlerin einig, dass beide Länder große Reserven zur Intensivierung ihrer Wirtschaftsbeziehungen haben. Nötig sei es darum, neue Kooperationsfelder zu erschließen. Die Potenziale dafür seien in beiden Volkswirtschaften vorhanden, stellte Merkel fest. Das zeige der bereits jetzt erreichte Stand der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Schließlich gehörten die VAE seit Jahren schon zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Deutschlands in der arabischen Welt.
Zum Abschluss ihrer viertägigen Reise besuchte die Bundeskanzlerin Kuwait, zu dem traditionell eine enge freundschaftliche und wirtschaftliche Partnerschaft besteht. Auf einer deutsch-kuwaitischen Wirtschaftskonferenz, an der neben Ghorfa-Präsident Thomas Bach auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Jürgen Thumann, Bahnchef Hartmut Mehdorn sowie Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank, Commerzbank, Siemens, MAN und Wintershall teilnahmen, informierte Merkel die kuwaitischen Gastgeber über die geplante Unternehmenssteuerreform in Deutschland. Mit der Reform werde sich die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland für ausländische Unternehmen deutlich erhöhen, zeigte sich die Kanzlerin überzeugt.
Diese wachsende Attraktivität mache Deutschland mehr und mehr auch für Investoren aus der Golfregion interessant. Schon jetzt gehörten kuwaitische Unternehmen zu den größten arabischen Investoren in Deutschland. Die Reise von Kanzlerin Merkel, so politische Beobachter und hochrangige Wirtschaftsvertreter, verleihe dem weiteren Ausbau der deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen einen neuen Schub. Für Deutschland bedeutet das eine noch engere Bindung an eine Region, die nun schon seit Jahren zu den dynamischsten Wachstumsregionen der Welt gehört.