Allein auf die Region des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA) entfallen fast 48 % der weltweiten Tagesproduktion an entsalztem Wasser, wofür bisher insgesamt 39,3 Mrd. US-Dollar investiert wurden, wie aus einem Bericht von BNC Networks von Mitte 2023 hervorgeht. Saudi-Arabien liegt mit Investitionen von 14,6 Mrd. US-Dollar an der Spitze, gefolgt von den VAE, Jordanien, Ägypten und Oman. Marokko nimmt mit einem Investitionsvolumen von 2,4 Mrd. US-Dollar den sechsten Platz ein. Marokkos Vorteile sind nach wie vor seine Atlantik- und Mittelmeerküste, die die Realisierung von Entsalzungsprojekten für die Trinkwassernutzung ermöglichen. Da Marokko derzeit die schwerste Dürre seit 40 Jahren erlebt, ist die Füllrate der Dämme am niedrigsten, während 100 % des Grundwassers im Defizit sind. Nach einer Meldung der North Africa Post plant Marokko den Bau von 20 Entsalzungsanlagen mit einer Produktionskapazität von 1,3 Mrd. m³/Jahr bis 2030, um der Wasserknappheit zu begegnen. Von dieser Gesamtproduktion werden 53 % für Trinkwasser, 23 % für die Bewässerung und 24 % für die Industrie verwendet werden.
Marokko verfügt derzeit über neun kleinere Entsalzungsanlagen mit einer Kapazität von 147 Mio. m³/Jahr. Gemäß dem langfristigen Programm ist der Bau von drei Wasserentsalzungsanlagen noch 2023 vorgesehen. Die Anlage in Casablanca stellt mit einem Investitionsvolumen von 1,1 Mrd. US-Dollar das wichtigste Projekt dar, bei dem es sich um die größte Meerwasserentsalzungsanlage Afrikas handelt und das der Wasserknappheit in der Region Casablanca entgegenwirken soll. Die Anlage wird über eine Produktionskapazität von 548 000 m³/Tag verfügen, was etwa 200 Mio. m³/Jahr entspricht. Die zweite Anlage wird in Safi gebaut und über eine Kapazität von 86 400 m³/Tag verfügen. Die dritte Anlage wird in El Jadida mit einer Kapazität von 75 800 m³/Tag gebaut. Eine weitere Anlage soll in Dakhla mit einem Investitionsaufwand von 198 Mio. US-Dollar errichtet werden, wobei das Projekt 2025 mit einer Produktionskapazität von 90 000 bis 100 000 m³/Tag entsalztem Wasser in Betrieb gehen soll. Die Anlage wird eine Fläche von 5 200 ha mit Wasser versorgen können und vor allem die Produktion und den Export von Tomaten und anderem Obst und Gemüse fördern. Die Entsalzungsanlage von Dakhla wird auch von Investitionen in die Logistikinfrastruktur begleitet, einschließlich des Ausbaus des Hafens von Dakhla. Zu den in Planung befindlichen Anlagen gehören unter anderem gemäß dem Bericht von BNC Networks die Einrichtung von Stationen in der Region Oriental, in Essaouira, Tiznit Sidi Ifni, Agadir (Ausbau), Guelmim, Tan Tan und Tarfaya. Bis 2030 wird Marokko 50 % seines Frischwassers aus der Entsalzung beziehen, derzeit sind es 11 %.
Nach Angaben der Nationalen Behörde für Elektrizität und Trinkwasser (Office National de l’Electricite et de l’Eau Potable – ONEE) entfallen 45 % der Gesamtkosten für die Entsalzung auf Energie. Aber Marokko ist bei der Stromerzeugung größtenteils auf importierte fossile Brennstoffe angewiesen, deren steigende Kosten das Handelsdefizit noch verschärft haben. Deshalb will das Land unbedingt den Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtstromerzeugung bis 2030 von derzeit 20 % auf 52 % erhöhen, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern und die Stromkosten zu senken. Damit würden sich auch die Kosten für das entsalzene Frischwasser beträchtlich reduzieren. Es ist daher geplant, dass alle neuen Entsalzungsanlagen, einschließlich Agadir, mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen.