Für die Entwicklung des nationalen Eisenbahnnetzes hat die Regierung Marokkos 2017 den „2040 Morocco Rail Plan“ beschlossen. Diese langfristige Strategie umfasst unter anderem Instandhaltungs- und Verbesserungsprojekte, um die Widerstandsfähigkeit des bestehenden Netzes zu erhöhen und die Leistung der Dienste zu optimieren. Dazu gehören ferner Ausbauprojekte für konventionelle Eisenbahnlinien (160 km/h) zu Städten in ganz Marokko, die derzeit nicht an das Eisenbahnnetz angeschlossen sind, und Ausbauprojekte für das Hochgeschwindigkeitsnetz, das Verkehrsknotenpunkte mit Geschwindigkeiten zwischen 220 und 320 km/h verbinden wird. Für die Umsetzung des langfristigen Masterplans sind Investitionen in Höhe von 37 Mrd. US-Dollar geplant. Das neue Netz zielt darauf ab, die derzeitige Verbindung von 23 marokkanischen Städten auf 43 zu erweitern, womit 87 Prozent der marokkanischen Bevölkerung Zugang zum Schienenverkehr haben werden, gegenüber einem heutigen Anteil von 50 Prozent. Anstelle von bisher 6 Häfen sollen künftig 12 Häfen über Schienen verbunden sein. Insgesamt umfasst die langfristige Strategie 3.800 km Mittelgeschwindigkeitsstrecken und mehr als 1.300 km Hochgeschwindigkeitsstrecken, die zwischen Tanger und Agadir sowie von Oujda nach Rabat verlaufen.

Gegenwärtig wird die 360 km lange Hochgeschwindigkeitsstrecke Tanger-Casablanca, die 2018 als Al-Boraq-Linie eingeweiht wurde, verlängert. Al-Boraq war die erste Etappe des Masterplans des Landes zum Aufbau eines Netzes von Hochgeschwindigkeitsstrecken. Die Bahnlinie wurde von der lokalen Baufirma Société Générale des Travaux du Maroc und dem französischen Unternehmen Alstom, der Ansaldo-Ineo-Gruppe und dem Konsortium Colas Rail-Egis gebaut.

Wie Arabian Gulf Business berichtete, hat die marokkanische Eisenbahnbehörde (Office National des Chemins de Fer – ONCF) im März 2024 eine Ausschreibung veröffentlicht, bei der sich Unternehmen für den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung, die sich über 375 km von Kenitra an der Nordwestküste bis nach Marrakesch im Süden erstrecken wird, bewerben können. Die Bahnverbindung ist Teil der Langfriststrategie des Landes, bis 2040 mehr Städte, Häfen und Flughäfen per Bahn zu verbinden. Der Auftrag umfasst die Planung und den Bau der Bahnstrecke mit einer Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h sowie den Bau von Bahnhöfen, Signal- und Telekommunikationssystemen. Er beinhaltet auch den Bau eines technischen Wartungszentrums in Marrakesch und eines Depots in Kenitra sowie sechs Anschlüsse an das bestehende Eisenbahnnetz. Am Wartungszentrum in Marrakesch wird sich ein Anschlusspunkt für die künftige 239 km lange Verlängerung in Richtung Agadir befinden. Das Projekt ist in sieben Lose mit einer Länge von jeweils 36 km bis 64 km unterteilt. Im Raum Rabat und Casablanca sind umfangreiche Modernisierungen und zusätzliche Gleise entlang der bestehenden Strecken mit Anschluss an die neue Linie geplant. Zusätzliche Vorortbahnhöfe sollen in Rabat, Casablanca und Marrakesch im Rahmen eines damit zusammenhängenden Projekts gebaut werden, mit dem mehrere regionale Expresslinien eingerichtet und der Vorortverkehr verbessert werden sollen. Nach Angaben des International Railways Magazine hatten die Unternehmen bis zum 23. Juni Zeit, sich bei der ONCF zu bewerben. Das französische Ingenieurbüro Egis wurde bereits 2022 als Projektberater benannt. Egis ist nicht nur mit dem bautechnischen Aspekt, sondern auch mit der Planung, der Einrichtung von Bahnhöfen, der Installation von Signalsystemen und der Einrichtung eines Wartungszentrums in Marrakesch betraut.

Gemäß einer Meldung von Morocco World News sagte im November 2023 das marokkanische Eisenbahnamt zu, im Rahmen der Umsetzung seines „Entwicklungsplans“ ca. 1,56 Mrd. US-Dollar zu investieren. Das Amt kündigte deshalb den Start einer Ausschreibung für den Erwerb von 168 Zügen an, darunter 150 für den Nahverkehr, die auch Intercity-Züge umfassen. Zusätzlich sind 18 Züge für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke vorgesehen. Der Zeitplan für die Lieferung liegt zwischen 2027 und 2030. Nach Angaben der ONCF geht es darum, die steigende Nachfrage nach Zugreisen zu befriedigen und einen Teil der derzeit veralteten Zugflotte zu modernisieren. Der Bahnbetreiber sieht mit dieser Investition eine Chance, ein marokkanisches Eisenbahnsystem aufzubauen, das bedeutende positive wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben könnte.