Im Rahmen der regelmäßigen Artikel IV Konsultationen beendete am 7. Dezember 2022 in Bagdad eine IWF-Stabsdelegation ihre Gespräche mit der irakischen Regierung. Im Ergebnis der Gespräche wurde eingeschätzt, dass sich die irakische Wirtschaft allmählich erholt, während die vorhandenen strukturellen Schwächen aber nicht beseitigt sind. Für 2022 wird ein reales BIP-Wachstum von 8 % prognostiziert, das vor allem von einem Anstieg der Ölproduktion getragen wird. In der Zwischenzeit dürfte das reale BIP (ohne Öl) mit einem moderateren Tempo von 3 % wachsen, nachdem es 2021 um 21 % gestiegen war. Die Inflation hat sich relativ in Grenzen gehalten. So belief sie sich in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 durchschnittlich auf 5 %, da die Weitergabe der hohen globalen Rohstoffpreise durch Subventionen für Lebensmittel und Kraftstoffe gedämpft wurde. Unterstützt durch die hohen Ölpreise werden für dieses Jahr Budget- und Leistungsbilanzüberschüsse in Höhe von 6 % bzw. 11 % des BIP erwartet, während die Devisenreserven der Zentralbank bis zum Jahresende 90 Mrd. US-Dollar übersteigen könnten. Gleichzeitig zeigen diese Überschüsse die weiter zunehmende Abhängigkeit des Irak vom Öl, da der Ölpreis, der zum Ausgleich des Staatshaushalts erforderlich ist („budget breakeven oil price“), von 52 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2019 auf 66 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2022 gestiegen ist. Es wird eingeschätzt, dass die Ölproduktion bis 2027 allmählich von 4,4 auf 5 Mio. Barrel pro Tag ansteigen wird. Angesichts der projizierten sinkenden globalen Ölpreise und eines weiterhin expansiven finanzpolitischen Kurses dürften sich aber sowohl der Haushaltssaldo als auch die Leistungsbilanz bis 2025 verschlechtern und in ein Defizit umschlagen. Gleichzeitig könnten die Devisenreserven im Jahr 2024 einen Höchststand von rund 100 Mrd. US-Dollar erreichen und danach mittelfristig rasch abnehmen.
Zusammenfassend stellten beide Seiten fest, dass die hohen Ölpreise der irakischen Wirtschaft nach der Krisensituation 2020 eine dringend benötigte Atempause verschafften. Dennoch haben die zugrunde liegenden Ungleichgewichte und die Ölabhängigkeit weiter zugenommen. Die hohen Öleinnahmen müssen genutzt werden, um den Trend der zunehmenden Anfälligkeit umzukehren und die Wirtschaft zu modernisieren. Eine sinnvolle wirtschaftliche Umgestaltung muss mit einer umsichtigen, geduldigen und disziplinierten Finanzpolitik beginnen, die darauf abzielt, finanzielle Puffer aufzubauen, die Abhängigkeit vom Öl zu verringern und die Ausgaben auf vorrangige Investitionen und soziale Bedürfnisse auszurichten. Eine sorgfältige Evaluierung des Haushalts 2023 wird entscheidend sein, um die Errungenschaften der jüngsten erfolgreichen politischen Anstrengungen zur Regierungsbildung zu bewahren. Daneben werden Strukturreformen von entscheidender Bedeutung sein, um die sozioökonomischen Bedingungen zu verbessern und die Entwicklung des Privatsektors als Haupttriebkraft für Wachstum und Beschäftigung zu fördern.