Die Häfen im arabischen Raum werden für die pulsierende globale Wirtschaft immer wichtiger. Mit strategischer Weitsicht werden sie mit immensem Aufwand zu beeindruckenden Wirtschaftszentren ausgebaut.
Arabische Häfen liegen in der Mitte der Welt. Jedenfalls nach dem Selbstverständnis der arabischen Logistiker. Gemessen in nautischen Meilen kann man diese Feststellung nachvollziehen: Zu den Wirtschaftszentren der beiden rivalisieren Handelsimperien China und USA ist es übers Meer in etwa gleich weit – je nachdem, wohin man seine Fracht bringen will.
Geostrategisch und wirtschaftspolitisch von zentraler Bedeutung sind deshalb die arabischen Häfen an den globalen Handelsrouten. Zumal der arabische Raum auf absehbare Zeit einer der Haupt-Energielieferanten für den Rest der Welt ist. Das wird er mit der gerade entstehenden Wasserstoffwirtschaft auf unabsehbare Zeit auch bleiben.
Wie sensibel diese Knotenpunkte für die Weltwirtschaft sind, dringt immer dann ins Bewusstsein, wenn etwas schiefläuft. Ein solcher Moment war etwa, als das Containerschiff Ever Given im März 2021 im Suezkanal stecken blieb. Der gigantische Frachter, der mehr als 20 000 Container aufnehmen kann, fuhr unter panamaischer Flagge, im Namen einer taiwanesischen Reederei, unter dem Management eines Logistik-Unternehmens aus Hamburg. Sechs Tage lang blockierte er den Verkehr in einer der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt, rund 340 Schiffe stauten sich auf beiden Seiten des Kanals. Die Havarie kam einem Infarkt in den Schlagadern der Weltwirtschaft gleich. Der globale Warenkreislauf geriet ins Stocken und führte weltweit zum Kollaps der Logistik – im Hafen von Los Angeles ebenso wie im Hafen von Shanghai. In tausenden von Unternehmen stockte die Produktion, weil die Zulieferungen in den Containern der ankernden Frachter vor sich hindümpelten.
Die Straße von Hormus zwischen Oman, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran auf der anderen Seite des Arabischen Golf ist eine sensible Vene der Logistik, in der sich schon häufiger ein Konflikt entzündet hat. Ein Drittel des Weltölbedarfs passiert jahrein, jahraus das heikle Nadelöhr. Japan ist zu 78 Prozent von den Energieträgern abhängig, die durch die Straße von Hormus transportiert werden.
Die Passage zwischen Al Jazeera, der arabischen Halbinsel und dem Horn von Afrika heißt Bab el Mandab. Auf deutsch: Das „Tor der Tränen“. Die Meerenge wird seit vielen Jahren militärisch in internationaler Abstimmung geschützt. In Dschibuti auf der afrikanischen Seite betreiben in trauter Eintracht Staaten eigene Militärbasen, die sonst nicht immer zu gleichen Auffassungen kommen: Dort kampieren nicht weit voneinander Truppen der USA und von China. Aus der EU haben Italien, Frankreich und Italien dort Militär stationiert. Japan unterhält dort seinen einzigen Auslandsstützpunkt weltweit. Neuerdings plant auch Saudi-Arabien eine militärische Basis. Von Dschibuti aus kann die Durchfahrt durch den Suez-Kanal kontrolliert werden.
Die Freiheit auf den Weltmeeren wird gewährleistet durch die Sicherheit der Meerengen. Die Häfen sind die Knotenpunkte im System. Wer über beides nicht verfügt, kann weder sicheren Handel führen noch eine Hoheit über die Weltmeere anstreben.
Häfen sind zentrale Schnittstelle des internationalen Seehandels, ursprünglich erdacht für den Austausch von Gütern zwischen Schiffen, LKWs, Eisenbahnen und anderen Transportmitteln ins Landesinnere. Längst hat man erkannt, dass die Häfen zu mehr taugen. Zielgerichtet werden um die Umschlagplätze komplexe Wirtschaftszentren errichtet.
Der moderne Hafen von Tanger an der Meerenge von Gibraltar ist so nicht mehr nur der Umschlagpunkt für Güter zwischen Europa und Marokko. Er versteht sich traditionell als das Tor zu den Märkten Afrikas. Im Hafengebiet von Tanger werden jedoch mittlerweile sogar Automobile produziert.
Der Oman will sich wegen seiner günstigen geografischen und klimatischen Bedingungen zu einem globalen Zentrum für die Wasserwirtschaft entwickeln – und baut mit erheblichen Mitteln entsprechende Hafenkapazitäten in Duqum am Indischen Ozean aus. Durch den Kanal von Suez fließen zehn Prozent der weltweit produzierten Wirtschaftsgüter. Seit einigen Jahren entsteht zudem im Hafen von Suez eines der größten wirtschaftlichen Zentren des Landes und der gesamten Region. Mit eigenen Kraftwerkskapazitäten und Fertigungshallen für die industrielle Produktion.
Die Hafenstädte der arabischen Welt werden so zunehmend zu Globalen Playern der Weltwirtschaft. Die Regierungen der Länder erwarten den Zuwachs von Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft und auch von technologischem und logistischem Know-How. Die soll auch durch die Ansiedlung von industrieller Kompetenz entstehen. Dabei ist ihnen zumeist egal, aus welcher Himmelsrichtung der Zuwachs an Wirtschaftskraft, Kompetenz und Bedeutung kommt. Ost oder West – Hauptsache hilfreich.