Die Golfregion verfügt über eine Vielzahl von Freihandelszonen, die jeweils ihre eigenen Vorzüge bieten. Diese Zonen tragen dazu bei, ausländische Investitionen anzuziehen, lokale Unternehmen zu stärken und die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Von der Vereinfachung des Handels bis hin zur Förderung von Investitionen spielen Freihandelszonen eine wichtige Rolle bei der Schaffung eines förderlichen Umfelds für internationale Geschäfte.

Möchten Sie in den Golfstaaten unternehmerisch tätig werden und sich niederlassen, werden Ihnen die Begriffe Freihandelszone, Exportzone oder Sonderwirtschaftszone sicher begegnen. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter einer solchen „Zone“? Vereinfacht ausgedrückt sind Freihandelszonen ausgewiesene Gebiete, in denen traditionelle Handelshemmnisse beseitigt und bürokratische Vorschriften auf ein Minimum reduziert werden. In Bezug auf Steuern, Einfuhren und Zölle gelten in den einzelnen Freihandelszonen Besonderheiten in Form von Steuererleichterungen und Ausnahmen; zudem können Unternehmen infrastrukturelle Vorteile genießen. Jede Freihandelszone wird autonom durch eine eigene Behörde verwaltet. Diese Verwaltungsbehörden erfüllen neben ihrer Verwaltungstätigkeit auch gesetzgebende Aufgaben, weshalb Gesetze und Regularien in den unterschiedlichen Freihandelszonen teilweise erheblich vom Festland abweichen können.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) existieren derzeit über 46 Freihandelszonen (Stand März 2024), davon allein in Dubai 30 – Tendenz steigend. Insgesamt verfügen die Golfstaaten über mehr als 100 Freihandelszonen.

Historischer Hintergrund und wirtschaftliche Relevanz von Freihandelszonen

Bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. hat es auf der griechischen Insel Delos einen Freihafen gegeben, welcher sich zu einem der bedeutsamsten Handelszentren seiner Zeit entwickelte. Ziel der Errichtung von Freihandelszonen ist bis heute, einen attraktiven Wirtschaftsstandort für ausländische Investoren und Unternehmen zu schaffen, um die globale Marktpräsenz zu stärken. Diesen Trend übernehmen auch immer mehr die Golfstaaten. So wurde im Jahr 1985 mit der Jebel Ali Free Zone (JAFZA) die erste in den VAE errichtete Freihandelszone eröffnet. Die Geschichte der JAFZA reicht bis in die 1970er Jahre zurück, als mit dem Bau des Hafens von Jebel Ali begonnen wurde, der schließlich 1979 fertig gestellt wurde. Dieser Hafen ist seither der größte und bei weitem verkehrsreichste Hafen im Nahen Osten. Anfang der 2000er Jahre zeichnete sich zudem ein Trend zu stärker spezialisierten Freizonen ab, die abgestimmte Vorteile für unterschiedlichste Unternehmensbranchen bieten. Saudi-Arabien stellte im April 2023 vier neue Sonderwirtschaftszonen vor. Diese Zonen knüpfen an frühere Initiativen für Freihandelszonen im Königreich an, darunter die kürzlich erfolgte Einrichtung einer integrierten Sonderzone für Logistik am King Salman International Airport in Riad. Die Errichtung dieser Freihandelszonen steht im Einklang mit der „Vision 2030“ und hat zum Ziel, Saudi-Arabien zu einem globalen Akteur in Schlüsselindustrien zu etablieren und staatliche Einnahmen schrittweise unabhängiger von Ölexporten zu machen.

Vorzüge von Freihandelszonen

Für Unternehmen bieten Freihandelszonen im Vergleich zum Festland eine Reihe von Vorzügen, die sie zu attraktiven Standorten für ausländische Investoren machen. Dazu zählen vor allem ein vereinfachter Gründungsprozess, Import- und Exporterleichterungen, eine hervorragende Infrastruktur und steuerliche Vorteile. Beispielsweise können Unternehmen in einigen Freihandelszonen der jeweiligen Länder von Steuererleichterungen oder gar Befreiungen von Umsatz- oder Körperschaftssteuer sowie Zölle profitieren. Branchenspezifisch ausgerichtete Freihandelszonen bieten infrastrukturelle Vorzüge an; Handelsunternehmen profitieren etwa von der Nähe zum Hafen, vorgefertigten Lagerhäuser oder einer guten Verkehrsanbindung für weitere Transportwege. Besonders neue Freihandelszonen verfügen meistüber modernste Infrastruktur, welche auf dem Festland nicht immer vorzufinden sind.

Branchenspezifische Freihandelszonen

Ein besonderes Augenmerk ist im Rahmen des Gründungsprozesses auf die Auswahl der richtigen Freihandelszone zu legen. Hat man sich einmal für eine bestimmte Freihandelszone entschieden, ist der Wechsel in eine andere unter Umständen nicht möglich oder mit einem sehr hohen Kosten- und Verwaltungsaufwand verbunden. Die jeweiligen Freihandelszonen zeichnen sich durch unterschiedliche Vorzüge aus, wie etwa vorgefertigte Büroräume (darunter auch Co-Working Spaces) oder Lagerhallen. Viele Freihandelszonen sind heutzutage branchenspezifisch ausgelegt und bieten daher spezifische Vorteile in verschiedenen Wirtschaftssektoren an, unter anderem im Handel, Gesundheitswesen, Finanzsektor oder der IT-Branche. Zu den Vorzügen gehören nicht nur infrastrukturelle Aspekte, wie die Nähe zum Hafen für handelsspezifische Zonen oder Krankenhäuser, sondern teilweise auch rechtliche Aspekte.

Was ist im Einzelfall zu beachten?

Neben der Vielzahl an genannten Vorteilen können Investoren auch mit Problemen konfrontiert werden: Unternehmen in Freihandelszonen sind in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt und können nur die Tätigkeiten ausführen, für welche die Lizenz erteilt wurde. Möchte der Lizenznehmer zudem außerhalb der Freihandelszone auf dem Festland tätig werden, müssen die hierfür geltenden Regelungen beachtet werden. So besteht die Gefahr, dass Geschäfte mit Unternehmen in öffentlicher Hand gesetzlich nicht mit Freihandelsunternehmen geführt werden dürfen und dies nur Unternehmen auf dem Festland vorbehalten ist. Daneben ist aufgrund teilweise eigener Gesetze und Regularien in den Freizonen auf gesellschafts- und vertragsrechtliche Besonderheiten zu achten. Teilweise verfügen Freihandelszonen sogar über eine selbstständige Jurisdiktion mit eigenen Gerichten und Rechtswegen. Aufgrund dieser abweichenden Regelungen kann es zu verschiedenen Rechts- und Anwendungsfragen kommen, die im Einzelfall zu klären sind. Vor allem bei der Auswahl der richtigen Freizone sind Faktoren wie etwa die zugelassenen Tätigkeiten in der jeweiligen Freihandelszone, die geografische Lage sowie die bereitgestellte Infrastruktur stets zu beachten.

Die Gründung eines Unternehmens in den Freihandelszonen ist, im Vergleich zum Gründungsprozess auf dem Festland, vereinfacht; gleichwohl bedarf es der Planung im Einzelfall. So gilt zu überprüfen, ob Geschäfte mit Unternehmen in öffentlicher Hand nur lizensierten Unternehmen auf dem Festland, nicht aber Freizonenunternehmen, vorbehalten sind. Vorab geprüft werden sollte auch, welche administrativen Kosten in der jeweiligen Zone anfallen können.

Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsaussichten von Freihandelszonen

Das dynamische Wirtschaftsleben und die rasanten Entwicklungen in den Golfstaaten führen zu einer enormen Nachfrage in den jeweiligen Ländern. Um diese abzufangen, entstehen fortwährend neue Freihandelszonen, darunter die Einführung von vier neuen Sonderwirtschaftszonen in Saudi-Arabien. Die Bedeutung von Freihandelszonen im Golf wird in Zukunft weiter zunehmen, da die Region bestrebt ist, ihre Wirtschaft zu diversifizieren und ihre Position als globales Handelszentrum zu stärken. Durch Investitionen in Infrastruktur, Innovation und die Schaffung eines unternehmensfreundlichen Umfelds werden die Golfstaaten weiterhin attraktive Standorte für Unternehmen aus aller Welt sein, die von den Vorteilen der Freihandelszonen profitieren möchten. Insbesondere haben die Golfstaaten aufgrund ihrer Lage zwischen Afrika, Europa und Asien einen enormen Standortvorteil für den internationalen Handel und Wettbewerb.

Unternehmensgründungen sowie die rechtliche und steuerrechtliche Betreuung von Unternehmen in Freihandelszonen gehören zum Tagesgeschäft von Rödl & Partner in den Golfstaaten. Ob für Behördengänge, Gründungsmodalitäten, Vertragsgestaltungen oder die Auswahl der passenden Freihandelszone ist Rödl & Partner Ihr zuverlässiger Ansprechpartner vor Ort, um sämtliche Fragen und Problemstellungen in Bezug auf Freihandelszonen zu klären.

von:
Bandar Shanneik, LL.M.
Manager bei Rödl & Partner in Dubai & Riad | Rechtsanwalt (Deutschland) und Rechtsberater (VAE)
Rödl & Partner ist ein weltweit tätiges Dienstleister für Rechts-, Steuer-, Unternehmens- und IT-Beratung sowie Wirtschaftsprüfung und seit 2004 auch erfolgreich im Nahen Osten tätig. An 110 Standorten in rund 50 Ländern bieten 5.800 Fachleuten in interdisziplinären Teams Lösungen mit persönlicher Betreuung. Roedl & Partner bietet umfassende Expertise für deutsche Unternehmen in der Region, unterstützt durch die langjährigen Kenntnisse der lokalen Geschäftspraktiken.