„Die Türen für deutsche Investoren sind offen“, so der libysche Premierminister Abdulhamid Dbeiba bei der Eröffnung des Deutsch-Libyschen Wirtschaftsforums, das am 7. und 8. März in Tripolis stattfand. Etwa 30 deutsche und 70 libysche Teilnehmer hatten sich auf Einladung der Union of Chambers of Commerce and Industry und der Ghorfa im Gebäude des libyschen Nationalmuseums in der Innenstadt der libyschen Hauptstadt zusammengefunden.
Der Berlin Prozess, mit dem Deutschland die UN-Vermittlungsbemühungen zur Beilegung des Konfliktes in Libyen unterstützt hat, sei nicht nur erfolgreich, betonte der deutsche Botschafter Michael Ohnmacht in Tripolis, sondern auch eine fortwährende Verpflichtung, die politische Transformation in Libyen zu begleiten und zu unterstützen. Die Deutsche Botschaft, über lange Zeit exiliert im benachbarten Tunesien, ist mit einer dauerhaften Besetzung zurück in Tripolis. Die Wiedereröffnung der Konsular Abteilung ist in Vorbereitung. Eine Unterstützung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus und privatwirtschaftlicher Initiative sei zentral für die Stabilisierung des Landes.
Der Präsident der Union der lybischen Kammer hat die Teilnehmer begrüßt und betonte die gute Zusammenarbeit zwischen der Ghorfa und der Union, um die deutsch-lybischen Wirtschaftsbeziehungen zu fördern. Der Generalsekretär der Ghorfa, Al-Mikhlafi, betonte in seiner Rede, dass die Ghorfa ihre in Libyen Aktivitäten ausbauen möchte, um die Interessen deutscher und lybischer Unternehmen bei ihren Geschäften zu unterstützen. Libyen war bereits in der Vergangenheit ein wichtiger Partner für deutsche Unternehmen und wird auch in der Zukunft weiterhin bedeutsam bleiben. In den insgesamt drei Panels wurde die deutsch-lybische Wirtschaftsbeziehung diskutiert. Konkret ging es dabei um Herausforderungen und Chancen im Energiesektor, wobei unter anderem die Unternehmen GECOL, NOC und Siemens AG Input dazu beigetragen haben. Das zweite Panel beinhaltete die Anbahnung und Durchführung von Geschäften in Libyen und die Libyan Investment Promotion Authority, Lawyers PmbB und AL Sarya Bank haben Informationen dazu geteilt. Das abschließende dritte Panel fokussierte die lybisch-deutsche Entwicklungszusammenarbeit, zu welchem unter anderem das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit und die GIZ und die libysche Behörde für erneuerbare Energien Input bereitstellten.
Insgesamt stand die Konferenz damit ganz im Zeichen einer politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung. Das Interesse an einer wirtschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit mit Deutschland ist groß. Im Fokus steht dabei die Zusammenarbeit in Energiefragen. Libyen ist das Land mit den größten Öl- und Gasvorräten in Afrika. Deutsche Unternehmen sind seit langem im libyschen Öl- und Gassektor engagiert. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine hat Libyen als Lieferant eine neue strategische Bedeutung. Hinzu kommt das Interesse an erneuerbaren Energien, auch auf der libyschen Seite: Ende letzten Jahres hat die libysche NOC angekündigt, im Rahmen einer Dekarbonisierungsstrategie hier eine Führungsrolle zu übernehmen.
Ölunternehmen sollen dazu angehalten werden, auch in Erneuerbare Energieprojekte in Libyen zu investieren. Eine strategische Aufgabe. Denn bislang ist die libysche Wirtschaft fast ausschließlich von der Öl- und Gasproduktion abhängig. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt über die GIZ die Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen und die Entwicklung der REAOL, der libyschen Behörde für erneuerbare Energien. Die natürlichen Voraussetzungen für Sonnen- und Windenergie sind hervorragend, die Voraussetzungen für den Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie für den Export gut.
Auch im konventionellen Energiesektor ist Technologie und Expertise aus Deutschland gefragt. Unternehmen wie Siemens, Hitachi, ABB, MAN und Luthardt sind seit Jahrzehnten in Libyen engagiert. Traditionell ist Deutschland in diesen Bereichen ein wichtiger Partner – aber nicht der einzige. Türkische und auch chinesische Unternehmen sind im Vormarsch. Gerade chinesische Kontraktoren überzeugen mit Paketangeboten, die die Projektfinanzierung einschließen („EPC+F“). Dem etwas entgegenzusetzen, fällt deutschen Anbietern oft schwer.
Finanzierung und Zahlungsabwicklung sind weiter eine Schlüsselstelle im Libyengeschäft. Politische Volatilität und unklare rechtliche Rahmenbedingungen schrecken Kreditgeber ab. Ein Beitritt Libyens
zum New Yorker UN-Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen – bekannt als „New York Convention“ -, der seit Unterzeichnung 1958 insgesamt 172 Staaten beigetreten sind (unter ihnen die Mehrheit der arabischen Staaten), wäre hier ein wichtiges Signal. Hinzu kommen zeitliche Schwierigkeiten bei der Zahlungsabwicklung, die im Importgeschäft üblicherweise über Akkreditiv erfolgt. Dies führt dazu, dass Geschäfte in dem volatilen politischen Umfeld in Libyen für internationale Banken extrem herausfordernd sind.