Der Inselstaat Bahrain mit seinen etwa 1,5 Millionen Einwohnern gehört gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu den wohlhabenderen Ländern des Golfkooperationsrates (GCC). Das Land verfügt über eine der am stärksten diversifizierten Volkswirtschaften in der Golfregion mit besonderen Stärken in den Bereichen Finanzdienstleistungen, technologische Innovation, Fertigung und Logistik. Einen wichtigen Beitrag zur nationalen Produktion leistet der technologisch hochentwickelte Aluminiumsektor. Die 2008 eingeführte Strategie „Vision 2030“ stellt einen umfassenden Plan dar, die Wirtschaft des Landes nach den Leitprinzipien Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Transparenz zu entwickeln und stetig zu diversifizieren.
Bahrain gilt als eine der offensten Volkswirtschaften in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA). Mit mehreren Freihandelsabkommen, einer hervorragenden Infrastruktur und starken Finanzinstitutionen ist Bahrain gut positioniert, um Unternehmen bzw. Investoren Zugang zu regionalen und internationalen Märkten zu verschaffen. In den meisten Sektoren ist es in Bahrain möglich, dass ein Unternehmen oder eine Niederlassung zu 100 % in ausländischem Besitz ist, ohne dass ein lokaler Partner erforderlich ist. Außerdem gibt es in Bahrain keine Steuern auf Unternehmensgewinne, persönliches Einkommen, Vermögen, Kapitalgewinne sowie keine Quellensteuern. Bahrain hat keine Beschränkungen für die Rückführung von Kapital, Gewinnen oder Dividenden. Die Heritage Foundation stufte Bahrain in ihrem Index der wirtschaftlichen Freiheit 2021 auf Platz 40 der freiesten Volkswirtschaften der Welt ein. Nach dem 62. Platz im Jahr 2019 hat Bahrain das Geschäftsklima gestärkt und sich im Bericht „Doing Business 2020“ der Weltbank auf Platz 43 von 190 Ländern verbessert.
Trotz der erreichten wirtschaftlichen Diversifizierungserfolge besonders in Richtung Finanzen und produzierendem Gewerbe, kommt dem Öl- und Gassektor noch immer eine wesentliche Rolle zu. Da die Einnahmen aus dem Ölexport seit 2007 mehr als 70 % der Staatseinnahmen ausmachen, ist die bahrainische Regierung bestrebt, die Wirtschaft und die Einkommensquellen aus anderen Sektoren zu diversifizieren. Zu den Bereichen der verarbeitenden Industrie gehören Kunststoffe, Glasfasern, Chemikalien, petrochemische Erzeugnisse und die Lebensmittelverarbeitung. Nach Angaben des Finanzministeriums für das 1. Quartal 2022 beträgt der BIP-Anteil des Ölsektors 16,2 %, während der Finanzdienstleistungssektor einen Beitrag von 17,4% zum BIP und das verarbeitende Gewerbe von 14,2% leisten.
Wirtschaft nach Covid-19 auf Erholungskurs
Bahrain führte eine intensive Impfkampagne durch, die alle Einwohner erfasste und die weitgehende Wiedereröffnung der der Wirtschaft im Sommer 2021 ermöglichte. Jedoch begann Bahrain die COVID-19-Krise mit schwachen makroökonomischen Bedingungen. Angesichts der Pandemieausfälle in Verbindung mit einer nur bescheidenen Erholung der Ölpreise schrumpfte das BIP um etwa 5 % bis Ende 2020.
Nach der COVID-19 Pandemie ist eine allmähliche Erholung im Gange. Dabei mildern die neuen Maßnahmen im Rahmen des 2018 in Gang gesetzten Programms zum Haushaltsausgleich 2018 (Fiscal Balance Program – FBP), wie die Verdoppelung des Mehrwertsteuersatzes auf 10 %, sowie die hohen Ölpreise die finanzpolitischen und außenwirtschaftlichen Anfälligkeiten Bahrains. Die Wirtschaft Bahrains wuchs im Jahr 2021 um 2,2 Prozent, angetrieben durch ein Wachstum von 2,8 Prozent des BIP außerhalb des Erdölsektors. Der Aufschwung wurde unterstützt durch eine starke Leistung des verarbeitenden Gewerbes ohne Kohlenwasserstoffe sowie des Einzelhandels und Gastgewerbe.
Die niedrigeren Ölpreise und die hohen außerbudgetären Ausgaben hatten zusammen mit der eingeschränkten Ölförderkapazität das Haushaltsdefizit 2020 auf über 13 % des BIP ansteigen lassen. Günstigere Bedingungen auf dem Ölmarkt haben nach Schätzung der Weltbank das Haushaltsdefizit voraussichtlich auf 8,4 % des BIP 2021 verringert und werden es in der Folgezeit weiter reduzieren. Das Leistungsbilanzdefizit hatte sich Weltbankschätzungen zufolge drastisch auf fast 8 % des BIP im Jahr 2020 ausgeweitet, was in erster Linie auf geringere Exporteinnahmen aus Öl und Aluminium sowie einen Einbruch der Tourismuseinnahmen zurückzuführen war. Die hohen Leistungsbilanzdefizite bestehen auch 2021-23 fort, wenn auch auf einem etwas niedrigeren Niveau. Höhere Exporte von Öl und Aluminium verringerten das Leistungsbilanzdefizit auf 4,2 % des BIP 2021. Der rückläufige Pfad des Leistungsbilanzdefizits wird wiederum den Druck auf die Devisenreserven verringern.
Weltbank und IWF schätzen übereinstimmend ein, dass sich die Wirtschaftstätigkeit weiter moderat erholen wird. Die Regierung sei fest entschlossen, ihre in dem im Oktober 2021 verkündeten Economic Recovery Plan dargelegte Reformagenda umzusetzen, einschließlich ehrgeiziger Reformen zum Abbau des Haushaltsdefizits und der Staatsverschuldung. Daher werden sich die Haushalts- und Außenwirtschaftspositionen in nächster Zeit deutlich verbessern.
Diversifizierung der Wirtschaft eröffnet Geschäftschancen für ausländische Unternehmen
Trotz der erfolgreichen wirtschaftlichen Diversifizierung ist der Öl- und Gassektor nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft Bahrains. Als Nicht-OPEC-Ölproduzent am Golf mit nachgewiesenen Reserven von rund 124,6 Mio. Barrel bezieht Bahrain seine Öleinnahmen aus zwei Feldern: dem Onshore-Ölfeld von Bahrain und dem Offshore-Ölfeld von Abu Safah, dass es sich mit Saudi-Arabien teilt. Im April 2018 gab die bahrainische Regierung die Entdeckung eines Öl- und Gasfeldes im Khalij al-Bahrain Basin vor der Westküste des Landes bekannt. Die Lagerstätte enthält schätzungsweise 80 Mrd. Öl und 10-20 Bio. ccf Gas. Das Khalij al-Bahrain Feld, das bis 2023 in Produktion gehen könnte, besteht hauptsächlich aus Schieferöl und Erdgas in Mengen, die die derzeitigen Reserven Bahrains weit übersteigen. Hier können sich auch Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen ergeben.
Wie das Magazin MEED informiert, treibt die staatseigene Tatweer Petroleum ihre Bemühungen voran, das Öl- und Gasförderpotenzial durch Investitionen zu steigern. Das Unternehmen gehört zum staatlichen Energieunternehmen National Oil and Gas Holding Company (Noga Holding). Im September 2021 hat Tatweer Petroleum an das in Großbritannien ansässige Bauunternehmen Petrofac einen Auftrag für ein Gasverteilungsnetzprojekt vergeben. Im Juni 2021 erhielt das kanadische Unternehmen Enerflex von Tatweer Petroleum einen Auftrag zum Bau von Kompressionsanlagen. Dieses Projekt zielt auf die Steigerung der Gasproduktion ab. Bahrain LNG, ein Gemeinschaftsunternehmen der Noga Holding und eines Konsortiums, bestehend aus Teekay LNG Partners, Gulf Investment Corporation (GIC) und Samsung C&T, hat den ersten LNG-Importterminal östlich der Anlandungsanlage im Hafen Khalifa Bin Salman gebaut. Die Bahrain National Gas Expansion Co. (BNGEC) hat eine Tochtergesellschaft der japanischen JGC Corporation mit dem Bau zusätzlicher Gasleitungen und Lagertanks im Rahmen eines Erweiterungsprojekts für die gemeinsame Gasaufbereitungsanlage von BNGEC und Bahrain National Gas Co. (Banagas) beauftragt. Auch legt die bahrainische Regierung besonderen Wert auf die Entwicklung der petrochemischen Industrie. Fünf petrochemische Teilsektoren sind in den letzten Jahren rasch gewachsen: Bauchemikalien, Wasseraufbereitungschemikalien, Polymer- und Kunststoffadditive, Farben und Beschichtungsadditive sowie Ölfeldchemikalien.
Die bahrainische Regierung hat wichtige Entwicklungsprojekte in den Bereichen Infrastruktur und Verkehr auf den Weg gebracht. Im Rahmen der ersten Phase des Modernisierungsprogramms für den internationalen Flughafen von Bahrain (BIA) wurde das neue Passagierterminal des Flughafens im Januar 2021 eröffnet. Die jährliche Passagierkapazität des Flughafens soll von 8 Millionen auf 14 Millionen Reisende erhöht und die Frachtumschlagskapazität auf 1 Mio.t pro Jahr steigen. Das Bahrain-Metro-Projekt, das im März 2021 als Projekt im Rahmen einer integrierten öffentlich-privaten Partnerschaft mit einem Investitionsvolumen von etwa 2 Mrd. US-Dollar vorgestellt wurde, wird vier Linien mit einer Länge von 109 km umfassen. Zwei Linien mit 24 Stationen sollen in der ersten Phase gebaut werden. Aktuellen Informationen des Ministerium für Verkehr und Telekommunikation (MTT) zufolge haben sich insgesamt 11 Unternehmen um die Durchführung der ersten Phase des geplanten Projekts beworben. Ein weiteres bedeutendes Verkehrsprojekt stellt der King Hamad Causeway mit einem Investitionsvolumen von 4 Mrd. US-Dollar dar, mit dessen Bau 2024 begonnen werden soll.
Im Januar 2012 billigte die Regierung den von der Sustainable Energy Authority (SEA) erarbeiteten ersten nationalen Aktionsplans für erneuerbare Energien (NREAP) Bahrains. Der NREAP soll die in der Vision 2030 vorgesehene nachhaltige Energiewende umzusetzen. Der Plan legt ein nationales Ziel für erneuerbare Energien von 5 % bis 2025 und 10 % bis 2035 fest. Für 2025 entspricht dies einer Kapazität von 255 MW (200 MW Solar, 50 MW Wind und 5 MW Biogas). Bis 2035 soll sich der Anteil von grüner Energie auf 710 MW erhöhen (400 MW Solar, 300 MW Wind und 10 MW Biogas). Die SEA plant aktuell ein Solarparkprojekt auf der Mülldeponie Askar mit einer Kapazität von 100 MW. Ferner beaufsichtigt sie eine 50-MW-Initiative zur Installation von Solarzellen auf den Dächern hunderter staatseigener Gebäude. Angesichts der Landknappheit für größere Solarfarmen erwägt die SEA die Installation von schwimmenden Solartechnologien, die in den Hoheitsgewässern Bahrains zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen. Bahrain verfügt über gute Windverhältnisse und flache Gewässer, die sich für die Installation von küstennahen oder Offshore-Windparks eignen.
Im November 2021 startete Bahrain einen strategischen Projektplan, der mit einem Investitionsvolumen von 30 Mrd. US-Dollar 22 Projekte in Schlüsselsektoren, darunter Telekommunikation, Tourismus, Bildung, Produktion und Gesundheit umfasst. Einer der verantwortlichen Hauptakteure für die Umsetzung des Plans ist die Bahrain Real Estate Investment Company (Edamah), deren aktuell größtes Vorhaben das aus Hotels, Wohnanlagen, Gastronomie- und Unterhaltungseinrichtungen bestehende Strandprojekt Bilaj al-Jazayer bildet. Weitere wichtige touristische Projekte, die in naher Zukunft fertiggestellt werden sollen, sind das Projekt Muharraq Water Front (Saada) sowie der gemischt genutzte Yachthafen Bahrain Marina in Manama.
Deutsche Unternehmen sind gefragte Geschäftspartner
Bahrain verfügt über eine moderne Infrastruktur, ein Finanzzentrum in Manama und hat 22 bilaterale Freihandelsabkommen abgeschlossen, die auch für ausländische Investoren interessant sind. Bei der Vielzahl von Projekten im Rahmen der ökonomischen Diversifizierung bestehen für deutsche Unternehmen Möglichkeiten, sich aktiv zu beteiligen. Chancen ergeben sich vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnik, der Digitalisierung, dem Maschinenbau, der Förderung von Öl und Gas, dem Gesundheitssektor und dem Tourismus. Aber auch im Aluminiumsektor sind Kooperationspotenziale vorhanden. So hob der Verwaltungsratsvorsitzende des bahrainische Aluminiumkonzerns ALBA, Sheikh Daij bin Al Khalifa, während seiner Grundsatzrede auf dem 25. Arabisch-Deutschen Wirtschaftsforum im Juni 2022 in Berlin hervor, dass ALBA die Einrichtung von Produktionsstätten und Niederlassungen deutscher Unternehmen im kürzlich angekündigten Aluminium Downstream Park erwarten würde. Alba werde eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des geplanten Aluminium-Downstream-Parks spielen und der bedeutendste Anbieter für alle Aluminiumherstellungs- und Recycling-Projekte sein.
Deutsche Produkte und Leistungen genießen in dem Königreich einen hervorragenden Ruf. Deutschland ist der drittwichtigste Wirtschaftspartner Bahrains in der Europäischen Union. Das positive Deutschlandbild wird vor allem durch die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie und Technologie geprägt. Auf deutscher Seite machen sich vor allem mittelständische Unternehmen die guten Investitionsbedingungen in Bahrain zu Nutze. Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind derzeit etwa 30 deutsche Firmen mit Vertretungsbüros bzw. Projekten in Bahrain tätig. Etwa 500 deutsche Staatsangehörige leben in Bahrain.
Trotz der Covid-19 Pandemie hat sich das bilaterale Handelsvolumen in den letzten Jahren stetig erhöht. Besonders die deutschen Ausfuhren nach Bahrain stiegen beträchtlich, und zwar 2020 um 33,5 % und 2021 um 4,8 %. Deutschland genießt als zuverlässiger Handelspartner und aufgrund seiner ausgleichenden politischen Rolle in der Region ein hohes Ansehen. Ein politischer Austausch zwischen Deutschland und Bahrain findet zunehmend auch im Wege einer hochrangigen Besuchsdiplomatie statt. So weilte Ende März 2022 Außenminister Dr. Abdullatif bin Rashid Al Zayani zur Teilnahme an der internationalen Energiewende-Dialogkonferenz und zu offiziellen Gesprächen in Berlin. In den Begegnungen wurde die Bedeutung der internationalen Konferenz hervorgehoben, die in einer Zeit stattfand, in der das Thema Energie aufgrund seiner Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, die Umwelt, das Klima und die nachhaltige Entwicklung eine globale Priorität darstellt. Während des Zusammentreffens mit Außenministerin Baerbock wurde das Wachstum der gemeinsamen Kooperationsbeziehungen in verschiedenen Bereichen betont, wobei die Zusammenarbeit im Energiebereich zukünftig einen besonderen Stellenwert einnehmen wird.