Im Rahmen der zunehmenden internationalen Vernetzung und Globalisierung nehmen die arabischen Staaten als direkte Nachbarn und als langjährige Partner der deutschen Wirtschaft eine wichtige Rolle ein. Das gilt nicht nur für Warenaustausch, Investitionen und Dienstleistungen, sondern auch im Energiebereich. Gerade hier bieten deutsch-arabische Kooperationen enorme Potenziale, wie das 9. arabisch-deutsche Energieforum in Kairo verdeutlichte.

„Ägypten ist auf dem Weg, ein Energiezentrum in der Region und eine Hauptstation auf der neuen Seidenstraße zu werden“, erklärte Ahmed Al-Wakeel, Vorsitzender der Föderation der ägyptischen Handelskammern, in seiner Eröffnungsrede. Damit steht Ägypten exemplarisch für die rasante Entwicklung der arabischen Länder im Energiesektor.

Zahlreiche hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft waren zu dem Forum am 24. und 25. Oktober nach Kairo gekommen. In Kooperation mit der Föderation der ägyptischen Handelskammern und der Union der arabischen Kammern sowie mit Unterstützung von Siemens hatte die Ghorfa das Forum organisiert. Die Schirmherrschaft hatte der ägyptische Premierminister, Dr. Mostafa Madbouly, übernommen. Darüber hinaus gaben der ägyptische Minister für Erdöl und mineralische Ressourcen, Eng. Tarek El-Molla, sowie Dr. Hala Helmy El-Saeed, Ministerin für Planung, Überwachung und Verwaltungsreform, einen Keynote während der Veranstaltung.

Dass die arabischen Länder angesichts wachsender Bevölkerungszahlen und der zunehmenden Industrialisierung in den kommenden Jahren vor enormen Herausforderungen im Energie-Sektor stehen, darüber waren sich alle Redner der Eröffnungs-Zeremonie einig. Ahmed Al Wakeel sowie Mohamad Abdo Saeed, Präsident der Union of Arab Chambers, und Dr. Peter Ramsauer, Präsident der Ghorfa, hatten die mehr als 200 Teilnehmer der Veranstaltung begrüßt und erneut den Bedarf an Investitionen und Kooperationen in dem Bereich betont. So müssten bis 2035 etwa 250.000 Megawatt an zusätzlicher Kapazität geschaffen werden, um den wachsenden Bedarf zu decken.

Wichtig sei hierbei ein breiter Energiemix, wie Dr. Khalid Al-Habas, stellvertretender Generalsekretär der Arabischen Liga im Bereich International Political Affairs, in seiner Ansprache erklärte. Es werde ein breiterer Energiemix benötigt und die Energie-Effizienz müsse gesteigert werden. Die Basis der Energieversorgung sei allerdings nach wie vor Öl und Gas. „Die arabischen Länder haben etwa 50 Prozent der weltweit nachgewiesenen Ölreserven und sind für rund 30 Prozent der Weltproduktion verantwortlich, außerdem sind 28 Prozent der weltweiten Gasreserven in der Region nachgewiesen und etwa 16 Prozent der Weltproduktion.

Der deutsche Botschafter in Ägypten, Julius Georg Luy, versicherte, dass es viele deutsche Unternehmen gebe, die diese Entwicklungen genau beobachten und bereitstehen, als Partner bei der Weiterentwicklung des Energiemixes zu helfen. Im Rahmen der Energiewende habe Deutschland viele Erfahrungen gemacht, welche deutsche Unternehmen an arabische Partner weitergeben könnten.

Beim Ausbau der Energieversorgung in Ägypten sei das bereits auf beeindruckende Weise gelungen, wie schließlich auch Gaber Desoki Moustafa, Chairman der Egyptian Electricity Holding Company, in seiner Ansprache betonte. So konnten innerhalb von wenigen Jahren 14,4 Gigawatt an zusätzlicher Energiekapazität mit Hilfe von Siemens in dem Land geschaffen werden. In Rekordzeit hatte das deutsche Unternehmen hierzu drei Gaskraftwerke im Wert von 6 Mrd. Euro in dem Land errichtet. Künftig solle auch die Windenergie maßgeblich mit deutscher Hilfe weiter ausgebaut werden, sagte Desoki: „Wir arbeiten daran, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 20% und bis 2030 auf 42% zu erhöhen. Bereits am Tag zuvor hatte Roland Busch, Mitglied im Vorstand von Siemens, bei einer Ansprache während des Galadinners betont, dass Siemens hierzu auch weiterhin als Partner zur Verfügung stehe und Know-how in das Land bringen werde. Die wertvollen Erfahrungen, die Siemens in Ägypten gemacht hat, sollten aber auch auf alle anderen arabischen Länder übertragen werden.

Die Investitionsbedingungen, um verstärkt Projekte mit deutschen Partnern voranzutreiben, haben sich zuletzt in Ägypten jedenfalls stark verbessert. Das wurde nicht nur während der insgesamt fünf Podiumsdiskussionen deutlich, sondern insbesondere auch bei den Keynotes der beiden Minister.

Dr. Hala Helmy El-Saeed wies darauf hin, dass zahlreiche Reformen umgesetzt wurden und die ökonomischen Rahmenbedingungen deutlich verbessert haben. Zudem seien weitere Maßnahmen geplant. Die Ministerin für Planung, Überwachung und Verwaltungsreform bekräftigte, dass in der kommenden Zeit die Errichtung des ersten Staatsfonds Ägyptens, der den Namen „Egypt Fund“ tragen wird, mit einem Kapital von rund 220 Mrd. Pfund abgeschlossen sein wird. Der Egypt Fund wird staatliche Unternehmen verwalten, die den Plänen zufolge an die Börse gebracht werden sollen.

Sie fügte hinzu, dass die ägyptische Wirtschaft in den Sektoren Industrie, Tourismus, Handel, Landwirtschaft und Tourismus eine Wachstumsrate von 5,8 % erreicht habe, und wies darauf hin, dass sich der Gesundheitssektor in der letzten Zeit relativ verbessert habe. Deutsche Unternehmen seien in dieser Entwicklung besonders willkommen, da sie mit Ihren Produkten auch Bildung in das Land bringen. „Die Menschen sind das Rückgrat jeder Entwicklung. Deshalb investieren wir nicht nur in die Infrastruktur, sondern auch in die Aus- und Weiterbildung“, erklärte die Ministerin.

Auch der Minister für Erdöl und mineralische Ressourcen, Tarek El-Molla, wies auf zahlreiche Projekte hin, bei welchen deutsches Know-how sehr willkommen ist. So wolle Ägypten zum Knotenpunkt für Re-Export von Öl & Gas nach Europa werden. Um diese Entwicklung zu fördern, sollen ab dem zweiten Halbjahr 2019 die Verträge für Exploration und Produktion von Öl und Gas einfacher gestaltet werden. Dann nämlich sollen neue Explorationsblocks im Roten Meer vergeben werden, mit deren Ausschreibung zum Jahresende 2018 zu rechnen ist. Die neuen Verträge sehen vor, dass Investoren die Kosten der Exploration und Produktion übernehmen und im Gegenzug eine größere Gewinnbeteiligung erhalten. Darüber hinaus erlaubt die Regierung seit 2017 Privatunternehmen die Nutzung der staatlichen Flüssiggas-Infrastruktur. Dieser Schritt und flexible Preismechanismen für Firmen, die bereits im Land aktiv sind, sollen die Produktion ankurbeln. Das Land arbeitet derzeit an einem Zukunftsmodell, um nicht nur Selbstversorger bei Gas zu werden, sondern auch um bei der Energieversorgung für Europa eine größere Rolle zu spielen. Mit der Entdeckung des Offshore-Gasfeldes Zohr im Jahr 2015 durch Eni hat die ägyptische Energiebranche wieder an Fahrt aufgenommen.

25 hochrangige Sprecher diskutierten in insgesamt 5 Podiumsdiskussionen die wichtigsten Themen der arabisch-deutschen Energiepartnerschaft. So ging es um Innovationen im Bereich Stromerzeugung und Transport, um Technologien für Gridconnected- oder Off-Grid-Systeme, um Partnermodelle im Bereich Government to Government (G2G) und andere Finanzierungsmöglichkeiten, sowie um Kooperationsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Ägyptens Ambitionen, ein regionaler Hub für die Energieversorgung zu werden.

Schon im Vorfeld des Forums konnten sich die Teilnehmer ein praktisches Bild von Kooperationsmöglichkeiten in Ägypten machen. So hatte die Ghorfa in Kooperation mit Siemens zu Beginn des Forums Site Visits organisiert. Begleitet von Dr. Roland Busch, sowie Dietmar Siersdorfer, CEO von Siemens UAE and Middle East, und Emad Ghaly, CEO von Siemens Egypt, besuchten etwa 70 Teilnehmer die New Capital Power Plant und die Sues Canal Economic Zone. Admiral Mahfouz Taha hatte die Delegation begrüßt und die zahlreichen Kooperationsmöglichkeiten in der neuen Wirtschaftszone präsentiert.