Deutschland und die arabischen Länder wollen die Zusammenarbeit im Stromsektor weiter intensivieren. Mit ihrer Erfahrung sind deutsche Firmen ideale Partner beim Ausbau der Energiewirtschaft in der Region. Das war der Tenor auf dem 4. Arabisch-Deutschen Energieforum in Berlin.

An dem Energieforum, das am 22. und 23. Oktober 2013 im Hotel Adlon veranstaltet wurde, nahmen erneut rund 300 hochrangige Experten aus Deutschland und der arabischen Welt teil. Die Diskussionen fanden daher auf einem fachlich hohen Niveau statt. Veranstalter war die Ghorfa mit der Unterstützung des Auswärtigen Amtes, des Bundeswirtschaftsministeriums, der Generalunion der arabischen Kammern und des World Energy Council. 

Energie sei die Grundlage für Wirtschaftswachstum und eines der wichtigsten wirtschaftlichen Themen in Deutschland und in den arabischen Ländern, sagte Ghorfa-Vizepräsident Olaf Hoffmann zur Eröffnung des Energieforums. In der arabischen Welt wachse die Energienachfrage beständig und die Länder verfolgten ambitionierte Pläne zur Reduzierung der Emissionen und zur Verbesserung der Energieeffizienz. Dies eröffne für die deutsche Wirtschaft zahlreiche Kooperations- und Investitionsmöglichkeiten.

Laut Hoffman gelte dies gerade auch im „Nexus Energie-Wasser“. Einerseits werde Wasser benötigt, um Energie zu entwickeln und zu erzeugen. Andererseits sei Energie erforderlich, um Wasser anzubieten, zu nutzen und aufzubereiten. Deutsche Unternehmen verfügten auf diesem Gebiet über große Erfahrungen. Sie seien daher ideale Partner für arabische Institutionen und Unternehmen, wenn es darum gehe, ein nachhaltiges Wassermanagement aufzubauen und die wachsende Wasser- und Energienachfrage zu befriedigen.

Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi, saudischer Botschafter in Berlin und Doyen des arabischen diplomatischen Korps in Deutschland, gab unter anderem einen Überblick über die Pläne der saudi-arabischen Regierung bei den alternativen Energiequellen. Danach soll im Bereich der Kernenergie bis zum Jahr 2032 eine installierte Leistung zur Stromerzeugung von 17 Gigawatt (GW) und bei den erneuerbaren Energien von 54 GW geschaffen werden. Schwerpunktmäßig solle die Solarenergie (41 MW) ausgebaut werden.

Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ging auf die Energiewende in Deutschland ein. Eine Herausforderung bestehe darin, dass Energie für die Verbraucher bezahlbar bleiben müsse. Zugleich sei Angebotssicherheit durch neue und mit fossilen Energieträgern befeuerte Kraftwerke zu gewährleisten. Die arabisch-deutsche Kooperation im Energiesektor berge nach Einschätzung von Kapferer noch großes Potenzial.

Laut Dr. Khalid Klefeekh Al Hajri, Chairman und CEO von Qatar Solar Technologies, komme angesichts der weltweit stark wachsenden Energienachfrage nachhaltigen Lösungen große Bedeutung zu. Es gelte, die CO2-Emissionen zu reduzieren und die natürlichen Ressourcen zugunsten künftiger Generationen zu schonen. Die erneuerbaren Energien seien für Deutschland und die arabischen Länder gleichermaßen wichtig.

Einen umfassenden Überblick über den Stromsektor in Saudi-Arabien gab Dr. Abdullah Al Shehri, Chef der saudischen Electricity & Co-Generation Regulatory Authority. Danach werde die Spitzennachfrage („Peak Demand“) nach Elektrizität von derzeit 53 GW auf 121 GW im Jahr 2032 zunehmen und sich damit mehr als verdoppeln. Gründe seien das hohe Bevölkerungswachstum, der wachsende Pro-Kopf-Verbrauch und die geringe Energieeffizienz. Gegenwärtig basiere die Stromerzeugung in dem Königreich fast ausschließlich auf Öl und Gas und die privaten Haushalte verbrauchten am meisten Elektrizität (52 Prozent).

Dr. Al Shehri stellte eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen das Nachfragewachstum verlangsamt und die Energieeffizienz erhöht werden sollten. Unter anderem sei eine Reform der nicht kostendeckenden Stromtarife geplant. Die Tarife sollten sich künftig an den Erzeugungskosten orientieren. Im Bereich Energieeffizienz werde angestrebt, verstärkt alte Klimaanlagen auszutauschen und energiesparend zu bauen.

Session 1 „Smart Grids and Virtual Power Plants“

In der von Thomas Kraneis, Chairman of the Supervisory Board der NYCONENERGY AG, moderierten Session 1 („Smart Grids and Virtual Power Plants: New Solutions for Power Transmission”) sprach sich Paul van Son, CEO der Dii GmbH (Desertec), dafür aus, dass die arabischen und europäischen Länder auch bei der Schaffung der Stromnetze zusammenarbeiten sollten. Wichtige Leitungen seien bereits in der Planung. Ziel müsse es sein, dass Firmen und Institutionen gemeinsam auch bei den Netzen ein Umfeld schüfen, in dem die erneuerbaren Energien gedeihen könnten.

Prof. Dr. Eng. Galal Osman, Präsident der Egyptian Wind Energy Association, ging auf die Möglichkeiten so genannter „Mini-Grids“ zur Elektrifizierung entlegener Regionen ein. Diese dezentralen Netze speisten sich aus erneuerbaren Energien und ergänzenden Dieselaggregaten. Ihr Vorteil bestehe darin, dass kostenträchtige Investitionen in den Ausbau der landesweiten Netze entfallen würden. Auch nicht an ein Netz gekoppelte Insellösungen – zum Beispiel auf der Basis von Photovoltaik – seien unter Umständen wirtschaftlicher als ein umfangreicher Netzausbau.

Das Konzept so genannter „Virtual Power Plants“ (Virtueller Kraftwerke) stellte Wolfgang Braun, Head of Transmission bei Siemens Middle East, vor. Hierbei handle es sich um die Zusammenschaltung bzw. Bündelung kleiner Einheiten zur Stromerzeugung – zum Beispiel von kleinen Windkraft- oder Wasserkraftanlagen. Nach seiner Einschätzung würden virtuelle Kraftwerke künftig in intelligenten Stromnetzen eine bedeutende Rolle spielen. Richard Boulter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Eaton Industries GmbH, knüpfte an den Vortrag von Wolfgang Braun an und präsentierte einige Referenzprojekte von Eaton im Bereich „Smart Grids“.

Session 2 „Energy-Water Nexus“

In Session 2 („Energy-Water Nexus: Sustainable Solutions”), die moderiert wurde von Dr. Detlev Klein, Senior Advisor bei der GIZ,  wies Dr. Ralf Bufler, Geschäftsführer  der Lahmeyer GKW Consult GmbH, auf die große Wasserknappheit in den arabischen Ländern hin: Die Region verfüge zwar über 66 Prozent der weltweiten Ölreserven, aber über nur 1,4 Prozent der globalen Wasserressourcen.  Der Schlüssel zur Bekämpfung des Mangels seien neue Technologien, insbesondere bei der Entsalzung von Meerwasser.

Wie Selma Jariri, Leiterin der Water New Technologies Division beim marokkanischen Office National de l‘Electricité et de l’Eau Potable (ONEE), ausführte, sei die Situation in Marokko durch begrenzte und regional ungleich verteilte Regenfälle gekennzeichnet. Die Regierung habe im Jahr 2009 eine neue, nachhaltige Wasserpolitik verabschiedet. Unter anderem sollten die Wasserressourcen diversifiziert, die Grundwasservorkommen geschützt und das Abwasser wieder aufbereitet werden.

Prof. Ahmed Al-Salaymeh von der University of Jordan berichtete über ein großes Projekt in Jordanien: Wasser aus dem Roten Meer solle in das Tote Meer geleitet werden, um zu verhindern, dass dort der Wasserspiegel immer weiter absinken würden. Zugleich solle das Gefälle zwischen Rotem und Totem Meer genutzt werden, um per Wasserkraft Strom zur Meerwasserentsalzung zu erzeugen.

Saudi-Arabien habe, laut Saud Alsabhan, Senior Manager, Marketing & Sustainability der National Water Company, mit 265 Litern pro Tag den dritthöchsten Pro-Kopf-Verbrauch bei Wasser. Ziel der saudischen Regierung sei es daher, die Wasserressourcen zu diversifizieren und die Erzeugungskosten zu reduzieren.

Session 3 „Frameworks and Financing“

In Session 3 („Frameworks and Financing: Approaches to Strategic Partnerships”) unter der Moderation von Kilian Bälz, Partner  bei Amereller Legal Consultants, nahm Dr. Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender der SolarWorld AG, Stellung zur Partnerschaft seines Unternehmens mit Qatar Solar Technologies. Die Kooperation sei vorbildlich, sagte Asbeck. Beide Partner hätten erkannt, dass sie ihre Ziele gemeinsam schneller erreichen könnten.

Mansour Kelada, Head of Investments & Investment Trustees Group, National Bank of Egypt, skizzierte die Ausbaupläne Ägyptens im Bereich der erneuerbaren Energien. Danach sollten bis zum Jahr 2017 sieben Windparks mit einer installierten Kapazität zur Stromerzeugung von insgesamt 1.340 MW geschaffen werden. Auch die Solarenergie solle ausgebaut werden: bis 2027 um 3.500 MW. Bei der Realisierung der Projekte sei das Land auf private Investoren angewiesen.

Peter Jakszentis von der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG ging auf die Rolle von Versicherungsfirmen bei großen Projekten ein. Diese trügen dazu bei, dass die Risiken  realistisch eingeschätzt und dass die Vorhaben schnell umgesetzt werden könnten.

Session 4 „Current and Future Trends in the Energy Sector“

In Session 4 („Changing Parameters: Current and Future Trends in the Energy Sector”), moderiert von Jürgen Hogrefe, h.c. hogrefe consult, ging Ministerialdirektor Viktor Elbling aus dem Auswärtigen Amt auf die Folgen der Revolution im Bereich von Schiefergas und -öl ein. Die verstärkte Erschließung dieser Reserven mache Staaten wie die USA unabhängiger von Energieimporten und stelle die Förderländer vor Herausforderungen. Den arabischen Ländern empfahl Elbling, ihre Ölreserven zu schonen und auf erneuerbare Energien zu setzen.

Laut Prof. Dr. phil. Friedbert Pflüger, geschäftsführender Gesellschafter der Pflüger Internationale Beratung GmbH, hätten bislang zwar 140 Staaten Programme für erneuerbare Energien aufgelegt. Fossile Brennstoffe trügen aber immer noch etwa 75 Prozent zum weltweiten Energieverbrauch bei. Auch künftig blieben die Kohlenwasserstoffe bedeutend. Pflüger zufolge werde beispielsweise der Kohleverbrauch bis 2032 um mehr als 70 Prozent zunehmen.

David Heimhofer, CEO, Terra Sola Ventures W.L.L., hob die günstigen Bedingungen in den arabischen Ländern zur Nutzung der Solarenergie hervor. Vor allem Photovoltaik sei eine sehr kostengünstige Option.

Dr. Niels H. Stahlke, Geschäftsführer der Advanced Energy Utility GmbH, ging auf die Stromerzeugung in Deutschland ein. Danach werde hierzulande neben den erneuerbaren Energien Gas als Energieträger präferiert. Paradoxerweise sei jedoch im Zeitraum 2010 bis 2012 der Beitrag von Gas zur Stromerzeugung von 14,1 Prozent auf zwölf Prozent zurückgegangen. Der Beitrag der Braunkohle sei dagegen von 23 auf 25,7 Prozent gestiegen.

Session 5 „Conventional Energy“

In Session 5 („Securing Energy Supply: Innovations in the Conventional Energy Sector”), moderiert von Dr. Karsten Rolle, CEO, World Energy Council, sagte Karim Amin, Senior Vice President bei Siemens Middle East, voraus, dass in den kommenden zehn Jahren in der arabischen Welt zusätzlich eine installierte Kapazität zur Stromerzeugung in Höhe von 100 GW benötigt werde.

Dr. Stephan Reimelt, Geschäftsführer von GE Energy Germany, erklärte, dass die deutsche Energiewende nicht unbedingt als Vorbild für andere Länder diene, diese aus den deutschen Erfahrungen aber lernen könnten. Verteilungsnetzwerke etwa seien enorm wichtig.

Dr. Wolfgang Benesch, Bereichsleiter Energietechnik bei der STEAG Energy Services GmbH, stellte das von seinem Unternehmen betriebene Raffineriekraftwerk Leuna vor. Es versorge die Raffinerie von TOTAL mit Strom, Prozessdampf sowie Speise-, Prozess- und Kühlwasser. Als Brennstoffe würden Destillations- und Konversionsprodukte des Raffineriebetriebes eingesetzt. Hermann Röhm, Director Sales Onsite Energy, Luthardt GmbH / MTU Onsite Energy, präsentierte ebenfalls seine Firma. Das Unternehmen sei einer der weltweit führenden Anbieter von dezentralen Energiesystemen basierend auf Dieselmotoren-, Gasmotoren- und Gasturbinentechnologie.

Session 6 „Solar & Wind Power“

In Session 6 („Solar & Wind Power: Technologies and Partnerships”) gab der Moderator der Session, Matthias Kittler, Principal von Apricum, einen Überblick über den globalen Status der erneuerbaren Energien. Deren Anteil an der weltweiten Stromerzeugung liege bei 22 Prozent, wovon auf die Wasserkraft 77 Prozent und auf die Windkraft zwölf Prozent entfielen. Künftig würden laut Kittler die Solar- und Windenergie am stärksten wachsen.

Laut Dieter Manz, Vorstandsvorsitzender der Manz AG, werde die Solarenergie immer wettbewerbsfähiger. Die Preise für Solarmodule und Speicherlösungen seien stark gesunken. Innovative Technologien würden die Kosten nach seiner Einschätzung weiter sinken lassen.

Prof. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung im DLR, berichtete über ein E-Learning-Angebot seines Instituts für Ingenieure, Techniker und Studenten in der MENA-Region. Inhaltlich liege der Fokus auf Concentrated Solar Power (CSP).

Ammar Al-Kadi, CEO der katarischen Al-Hamad Engineering W.L.L., präsentierte ein Projekt, das er in Saudi-Arabien verwirklicht hat. Dort werde jetzt eine Siedlung für 1.400 Arbeiter ausschließlich mit Photovoltaik-Strom versorgt. Roland Roesch von der International Renewable Energy Agency (IRENA) in Abu Dhabi stellte seine Organisation und deren Aktivitäten in der MENA-Region vor. Er hob hervor, wie wichtig der Infrastrukturaustausch zwischen den Mitgliedsländern der IRENA sei.

Workshop „Operational Excellence through Effective Training“

Neben den sechs Sitzungen fand ein Workshop zum Thema „Operational Excellence through Effective Training” statt. Uwe Möller, Projektmanager bei der Kraftwerksschule (KWS) in Essen, präsentierte das Ausbildungsprogramm der KWS. Im Zeitraum Mitte 2012 bis Mitte 2013 habe die KWS 432 Lehrgänge angeboten, davon 24 im Ausland. Auch die erneuerbaren Energien gehörten zum Curriculum.

Dipl.-Ing. Wilhelm Stock, Manager der technischen Weiterbildungsabteilung bei der RWE Power AG, stellte das RWE-Aus- und Weiterbildungsprogramm vor. Bei der Ausbildung profitieren die Teilnehmer von der großen Expertise des Unternehmens bei dem Betrieb von Kraftwerken.

Dipl.-Ing. Heiko Schierenbeck, Leiter der Internationalen Geschäftsentwicklung bei der STEAG Energy Services GmbH, gab einen Überblick über die Aus- und Weiterbildung bei der STEAG. Ein gut ausgebildetes und motiviertes Team im Betrieb und in der Standhaltung der Kraftwerke seien, so das Fazit von Schierenbeck, der Schlüssel zum Erfolg.

Programm

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Mehr Informationen finden Sie auf der Konferenzwebseite www.energy.ghorfa.de