Das Arabisch-Deutsche Wirtschaftsforum fand dieses Jahr wieder wie gewohnt in Berlin statt. Rund 250 Besucher aus Deutschland und den arabischen Ländern sorgten dafür, dass das diesjährige Forum ein besonderer Erfolg war. Einen besonderen Anlass gab es ebenfalls: Das Forum feierte dieses Jahr sein 25-jähriges Jubiläum! Wie gewohnt fand das Format im Berliner Ritz-Carlton statt. An den drei Tagen des Forums fanden zahlreiche Paneldiskussionen im Ballsaal des Hotels statt, während die Teilnehmer im Foyer die Möglichkeit hatten, ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen und zu vernetzen.
Partnerland des diesjährigen Forums war Ägypten. Immer wieder drückten Redner und Diskutanten ihren Respekt vor der wirtschaftlichen Leistung des nordafrikanischen Landes aus. Ob erfolgreiche Pandemiebekämpfung, der anstehende Klimagipfel in Sharm El-Sheikh oder der jüngste Milliardenauftrag für Siemens zum Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke: Die Anerkennung der Erfolge Ägyptens war in aller Munde. Der Ehrengast des Forums, Ihre Exzellenz Nevin Gamea, ägyptische Ministerin für Industrie und Handel, machte klar, dass die Regierung sich nicht auf ihren Erfolgen ausruht. Sie machte klar, dass in Sektoren wie erneuerbaren Energien und Mobilität noch Potenzial besteht. „Wir wollen weitere Projekte!“, erklärte die Ministerin im Gespräch mit Ghorfa-Präsident Dr. Peter Ramsauer und machte klar, dass Investitionen ausländischer Firmen willkommen seien. Dr. Ramsauer zeigte sich ebenfalls beeindruckt vor dem Ehrgeiz der ägyptischen Behörden. „Ich empfinde Neid angesichts der Schnelligkeit der Bauvorhaben in Ägypten“, so der Ghorfa-Präsident. Ein weiterer Höhepunkt des Forums war die Unterzeichnung eines Memorandums of Understanding, in dem Ghorfa und das ägyptische Ministerium für Handel und Industrie weitere Kooperationen sowie die Einrichtung einer Ghorfa-Zweigstelle in Kairo beschlossen.
Die Diskussionspanels während des dreitägigen Forums deckten eine weite Themenpalette ab: Ob klassische Sektoren wie Mobilität und Logistik oder neuere Themen wie Nachhaltigkeit, die vierte industrielle Revolution und FinTech – für jeden Teilnehmer dürfte etwas dabei gewesen sein. Besonders im Fokus standen die Themen Ernährungssicherheit und Wiederaufschwung nach der weltweiten Pandemie, ohne die kaum eines der Panels auskam. Die Diskutanten waren sich einig, dass die der Corona-Pandemie folgende globale Inflation sowie der russische Überfall auf die Ukraine sich in vielerlei Hinsicht auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken.
Insbesondere in der angestrebten Diversifizierung der Energielieferungen an die EU bestünde eine reelle Chance, die europäisch-arabischen Partnerschaften zu vertiefen, da die arabischen Länder über die notwendigen Voraussetzungen verfügen, grünen Wasserstoff herzustellen, der anschließend in die EU exportiert werden und Druck vom europäischen Strommarkt nehmen könnte. Auch die im Hinblick auf China im Raum stehenden Diversifizierung weiterer Lieferketten und der Trend, Güter und Dienstleistungen vor allem von befreundeten Nationen zu beziehen („near-shoring“, „friend-shoring“), biete Potenzial für weitere Kooperationen. Dies merkte auch Dr. Dominik Schnichels, Abteilungsleiter Außenwirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz an. Ebenfalls einig waren sich die Teilnehmer aber auch, dass Handel nicht grundsätzlich verteufelt werden sollte, nur weil Handelspartner von anderen kulturellen Werten geprägt sind. Geschäftsbeziehungen haben nach wie vor das Potenzial, Brücken zu bauen und Menschen grenzübergreifend zusammen zu bringen.
Seine Exzellenz Shaikh Daij bin Salman bin Daij Al Khalifa, Vorstandsvorsitzender von Aluminium Bahrain (Alba), hob auf seiner Keynote Speech während des Gala-Dinners am zweiten Tag des Forums die besondere Bedeutung der deutsch-bahrainischen Beziehungen hervor. Während 2022 50-jähriges Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern gefeiert wird, freue sich Alba, deutsche Firmen im kürzlich angekündigten Aluminium Downstream Park zu begrüßen.
Neben dem offiziellen Programm fanden zahlreiche weitere Veranstaltungen auf dem 25. Arabisch-Deutschen Wirtschaftsforum statt. Neben den Treffen der Gremien der Ghorfa traf Ministerin Gamea mit Bundeswirtschaftsminister Habeck zusammen. Die beiden Minister beschlossen gemeinsam die Verlängerung mehrerer deutsch-ägyptischer Projekte. Außerdem trafen die Präsidenten der arabischen Kammern in einem Roundtable auf Vertreter des Verbands der Automobilindustrie. Die umfangreichen Networking-Möglichkeiten wurden von den Teilnehmern intensiv genutzt. Neben der Möglichkeit, sich im Foyer des Ritz-Carlton in entspannter Atmosphäre auszutauschen, trafen sich die Teilnehmer außerdem am Dienstagabend im China Club Berlin. In offener Atmosphäre entwickelten sich beim Flying Buffet zahlreiche Gespräche, in denen die in den Panels angestoßenen Diskussionen fortgeführt wurden.
Panel on „Egyptian Economy: Opportunities and Challenges”
Moderation: Jan Nöther (CEO AHK Egypt)
Teilnehmer: Dr. Peter Ramsauer (Präsident der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry und Bundesminister aD), I.E. Nevin Gamea (Ministerin für Handel und Industrie der Arabischen Republik Ägypten), Dr. Ralf Wintergerst (Group CEO of Giesecke+Devrient), Sameh Sabry (Senior Vice President Managing Director Wintershall Dea Egypt)
Das hochkarätige Eingangspanel stand im Zeichen der Teilnahme der ägyptischen Ministerin für Handel und Industrie, Nevin Gamea. Sie berichtete von den jüngsten Reformen der ägyptischen Regierung, die endlich notwendige Infrastruktur für große Projekte bereitgestellt habe, welche lange Zeit nicht vorhanden gewesen sei. Weitere Reformen hätten unter anderem für Erleichterungen bei Unternehmensgründungen und Investitionen, aber auch für Klarheit von Gesetzestexten gesorgt. Die Ministerin bekräftigte ihren Wunsch, in zahlreichen Sektoren weitere Investitionen und Projekte zu akquirieren: „Egal ob grüner Wasserstoff, erneuerbare Energien oder der Automobilsektor – jede Investition hat unsere volle Unterstützung!“ Dr. Ramsauer zeigte sich begeistert von den zahlreichen Mega-Projekten, die allesamt in kürzester Zeit verwirklicht worden seien. „Daran kann man nur lernen“, so Dr. Ramsauer. Nöther bekräftigte diese Aussage und verwies auf Siemens Energy, das einen Auftrag über drei Gaskraftwerke mit bis zu 700 beteiligten Institutionen in weniger als zwei Jahren verwirklicht habe. Dr. Wintergerst berichtete vom Engagement von Giesecke+Devrient in Ägypten. Seine zentralen Erfahrungen aus der Kooperation seien zum einen die harten, aber stets fairen Verhandlungen, zum anderen die reibungslose Projektimplementierung bis hin zu kleinsten Details. Sabry lobte die effektiven Regeln und die notwendige Flexibilität der ägyptischen Bürokratie, sollten bei der Projektimplementierung Hindernisse auftauchen. Im weiteren Verlauf warfen die Panelteilnehmer einen Blick auf aktuelle internationale Entwicklungen wie die weltweite Covid19-Pandemie und die russische Invasion der Ukraine. Ministerin Gamea stellte klar, dass es stets das Ziel der ägyptischen Regierung gewesen sei, Gesundheit und Wirtschaft gleichermaßen vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. So seien beispielsweise im Tourismussektor vorübergehend Einschränkungen beschlossen worden, während Unternehmer umso mehr ermutigt wurden, weiter zu investieren. „Im Ergebnis haben wir die höchsten Exportraten seit langem im Öl- und Nicht-Ölsektor“, resümierte die Ministerin. Ein ähnlich aktives Krisenmanagement verwirkliche die Regierung derzeit, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen: „Wir diversifizieren unsere Getreideimporte und aktivieren bislang nicht genutzte Anbaukapazitäten.“ Auf diese Weise könnten die Probleme der aktuellen Krise in Chancen umgewandelt werden.
Official Opening
Moderation: Stefanie Suren (Journalistin, Deutsche Welle)
Sprecher: Abdulaziz Al-Mikhlafi (Generalsekretär der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry), Dr. Peter Ramsauer (Präsident der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry), I.E. Nevin Gamea (Ministerin für Handel und Industry der Arabischen Republik Ägypten), Botschafter Dr. Mustapha Adib (Botschafter der Republik Libanon, Dean des Arab Diplomatic Corps in Germany), Dr. Volker Treier (Head of Foreign Trade and Member of the Executive Board, DIHK)
Nachdem der Generalsekretär der Ghorfa, Abdulaziz Al-Mikhlafi, die Teilnehmer zum 25. Arabisch-Deutschen Wirtschaftsforum begrüßte und herzlich willkommen hieß, wendete sich Dr. Peter Ramsauer an die Teilnehmer. Er hob die engen Beziehungen zwischen Deutschland und der arabischen Welt hervor, die angesichts der geopolitischen Lage wichtiger als je zuvor seien, und lobte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für seine Initiativen mit den arabischen Golfstaaten zur Gründung von Energiepartnerschaften. „Mit ihren zahlreichen Visionen zur wirtschaftlichen Diversifizierung und der Hinwendung zu erneuerbaren und innovativen Energien wie Wasserstoff sind die arabischen Staaten ganz vorne mit dabei, einen positiven Wandel weg von ölbasierten hin zu nachhaltigen Wirtschaften zu machen“, so Dr. Ramsauer.
Anschließend überreichte Dr. Ramsauer das Wort dem Ehrengast des diesjährigen Forums, der ägyptischen Ministerin für Handel und Industrie Nevom Gamea. Auch sie stimmte bei, dass die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen sich in den vergangenen Jahren nochmals vertieft hätten. Dies gelte insbesondere für Deutschland und Ägypten, da beide Länder in diesem Jahr den 70. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen feiern. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien jedoch von Zukunftsthemen geprägt: „Abfallwirtschaft, der Energiesektor sowie Mobilität und Infrastruktur sind allesamt Themen, in denen wir noch mehr kooperieren können“, sagte die Ministerin. Die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen in Ägypten endeten außerdem nicht an der Grenze, so Gamea: „Ägypten bietet vielmehr Chancen zur Expansion in weitere arabische und afrikanische Länder.“
Botschafter Dr. Mustapha Adib würdigte das Wirtschaftsforum als eines der wichtigsten Events in der deutsch-arabischen Zusammenarbeit. Er verwies auf die Beliebtheit deutscher Waren in der arabischen Welt und den Energiebedarf Deutschlands, der sich wiederum durch arabische Lieferungen befriedigen ließe. Neben Infrastruktur und Energie nannte er Bildung als ein weiteres Themenfeld für potenzielle Kooperationen. „Aber Geschäftsbeziehungen sind mehr als nur Warenaustausch“, führte Dr. Adib aus, „es geht auch um Technologie- und Wissenstransfer.“ Die arabischen Botschafter seien sich einig, diesen Austausch weiter zu unterstützen und zu vertiefen.
Dr. Volker Treier verwies auf die angespannte Weltlage, die von der Pandemie und dem russischen Einmarsch in der Ukraine geprägt sei. Vor diesem Hintergrund sei es wohltuend, dass die deutsch-arabischen Beziehungen so stabil seien und perspektivisch noch ausgebaut werden könnten. „In dieser Hinsicht stimmt es, dass jede Krise auch neue Möglichkeiten bietet“, so Dr. Treier. Insbesondere bei der Diversifizierung der Lieferketten, die zu Verschiebungen im globalen Handel führe, entstünde neues Potenzial für Kooperationen zwischen Deutschland und der arabischen Welt.
Panel 1: Mobility and Logistics: Smart Solutions as a Key to a Sustainable Development?
Moderation: Uwe Stupperich (Managing Partner, M. G. International (Holding) GmbH
Teilnehmer: Abir Leheta (Chief Executive Officer, Egytrans), Khalid A. Latif (Chief Marketing Officer, Alba), Dr. Ansgar Brockmeyer (Executive Vice President Sales & Marketing, Stadler Rail), Alexander Doll (Chairman of Lincoln International, Board Member and Senior Advisor to Corporates, Private Equity and Family Offices), Tobias Maier (CFO Middle East & Africa, DHL Global Forwarding)
In seiner Eröffnung hob Uwe Stupperich die Bedeutung hervor, die das Thema Logistik auf dem diesjährigen Business Forum habe. Zwar sei das Thema auch in der Vergangenheit mit einem Panel vertreten gewesen. „Aber dass wir dieses Jahr als erstes an der Reihe sind, ist neu“, so Stupperich. In seiner Präsentation hob Dr. Brockmeyer hervor, dass der Transport per Schiene die umweltfreundlichste Fortbewegungsmöglichkeit für Menschen wie für Güter sei, solange Bahnen durch Elektrizität angetrieben warden. Dies sei auch die zentrale Herausforderung: Batterien und Wasserstoff haben beide eine geringere Dichte als Diesel und seien daher zurzeit noch ineffizienter. Abir Leheta betonte, dass man nachhaltige Entwicklung nicht nur aus ökologischer Sicht betrachten dürfe. Insbesondere aus Sicht der Entwicklungsländer sei soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit von entscheidender Bedeutung. Khalid Latif erläuterte, dass die zahlreichen Preissteigerungen für Industrieunternehmen und Privatpersonen unter anderem darauf zurückzuführen seien, dass der Warenverkehr sich vom Meer auf Land verlagert habe und dies mit zusätzlichem Aufwand einherginge. Tobias Maier erklärte, das zurzeit viel privates Kapital ausgegeben wird, das im Zuge der Pandemie zurückgehalten wurde. Dies strapaziere die Lieferketten zusätzlich. Deutsche Unternehmen müssten kollektiv daran arbeiten, Produktionswege und Lieferketten zu modernisieren. Alexander Doll differenzierte zwischen Mobility (Passagierverkehr) und Logistics (Warenverkehr). Insbesondere im Bereich der urbanen Mobilität hätten arabische Staaten zuletzt viel Geld investiert. Da es sich bei diesen Projekten um Neubauten („greenfield projects“) handele, während in Europa eher saniert und aus- bzw. umgebaut werde („brownfield projects“), könne man erwarten, dass zukünftig Innovationen eher aus der arabischen Region komme.
Panel 2: Sustainability and Waste Management: Major Challenges and Excellent Opportunities
Moderation: Olaf Hoffmann (CEO, Dorsch Group)
Teilnehmer: Ali Al Baqali (CEO, Alba), Dr. Udo Huenger (Vice President, BASF Middle East and Egypt), Dr. Jose Gomes (Head of Corporate Development, Dornier Group)
Olaf Hoffmann erwähnte eingangs die zentrale Rolle des Themenkomplexes Nachhaltigkeit für die global Entwicklung. Angesichts der derzeitigen Krisen sei das Thema etwas in den Hintergrund geraten. Er sei jedoch überzeugt, dass es bald wieder auf der Tagesordnung stehen wird. Dr. Huenger warf die Frage auf, ob Abfall zuvorderst Abfall sei oder ob es sich dabei nicht vielmehr um wiederverwertbare Materialien handele, die einen Wert darstellten. Dem pflichtete Dr. Gomes bei. In den energieintensiven Wirtschaften sei es notwendig, grüne Produktionsabläufe zu etablieren, um nachhaltig zu werden. Ali Al Baqali berichtete, dass Alba Bahrain bereits plane, grünen Wasserstoff als Energieträger zu verwenden, um den Schadstoffausstoß in der Produktion zu senken. Zahlreiche weitere Initiativen seien geplant. Dr. Jose Gomes machte darauf aufmerksam, dass erneuerbare Energien erst im vergangenen Jahr wirtschaftlich geworden seien und dass Biomasse ebenfalls höhere Bedeutung zukommen könnte. Herr Hoffmann wies darauf hin, dass grüner Wasserstoff eine mögliche Quelle grüner Energie sein könnte, allerdings müssten Transportmöglichkeiten noch besser erforscht werden. Herr Al Baqali berichete, dass es in Bahrain bereits möglich sei, grünen Wasserstoff zu beziehen, obwohl im Land selbst nichts produziert würde. Allgemein könne man sagen, dass Privatunternehmen durch die Möglichkeit, Skaleneffekte zu erzielen, höhere Investitionsmittel im Gegensatz zu Regierungen bereitstellten. Dr Huenger stellte jedoch klar, dass es keine globale Strategie hinsichtlich der Automatisierung von Produktionsprozessen gebe.
Panel 3: The Fourth Industrial Revolution: Challenges and Opportunities for the Arab World
Moderation: Jürgen Hogrefe (Hogrefe Consult)
Teilnehmer: Ing. Mohamed Abdel Karim (CEO, Industrial Modernization Centre), Ahmad Hawsawi (CEO, Siemens LLC Saudi Arabia), Bernhard Randerath (CEO, German Emirati Institute), Mohamed Amri (Managing Director, Sfax Industry 4.0 Center), Meryem Richter (Project Manager Digital Transformation, Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), Claus W. Biermann (Chief Medical Advisor, Area9 Lyceum)
Bereits bei der Vorstellung der Diskussionsteilnehmer durch Jürgen Hogrefe wurde das weite Spektrum an Themen ersichtlich, welche im Komplex Digitalisierung aufgehen. Innovation, Startupförderung und E-Learning waren allesamt der einen oder anderen Form auf dem Panel vertreten. Im Zentrum der Diskussion stand die Präsentation von Meryem Richter, in der sie einen Überblick über den Digitalstandort Tunesien gab, der sich unter anderem durch ein hohes Bewusstsein für digitale Technologien und gute rechtliche Rahmenbedingungen auszeichne. Nichtsdestotrotz gebe es noch Aufholbedarf beim öffentlichen Bewusstsein der Möglichkeiten von Industrie 4.0, das sich darin niederschlage, dass noch nicht ausreichend Fachkräfte ausgebildet seien. Bernhard Randerath berichtete von der Arbeit des German Emirati Institutes, bei dem wirtschaftlicher Erfolg durch sektorübergreifende Synergieeffekte kreiert werde. Mohamed Abdel Karim gab einen Einblick, wie das Thema seitens der ägyptischen Regierung behandelt werde. Dort werde die Anpassung der Berufsausbildung zentral koordiniert, um den Privatsektor langfristig für die vierte industrielle Revolution vorzubereiten. Dazu kämen zahlreiche öffentliche Projekte, bei denen unter anderem mit Siemens zusammengearbeitet werde. Ahmad Hawsawi berichtete, dass solche Kooperationen auch in Saudi-Arabien gängig seien. Im Bereich der Plattformökonomie, die ein zentraler Treiber der vierten industriellen Revolution sei, kooperiere Siemens mit den saudischen Behörden. Dabei profitiere Siemens regelmäßig durch Wissenstransfer und neue Technologien. Mohamed Amri identifizierte Motivation der Mitarbeiter, finanzielle Mittel und technologische Fähigkeiten als entscheidende Faktoren für den Erfolg von Unternehmen in der digitalen Wirtschaft. Dr. Claus W. Biermann definierte Fähigkeiten als Resultat von Wissen und Charakter. Darauf müssten sich Ausbildungs- und Studiengänge zukünftig ausrichten. Maßgeschneidertes Lernen werde der Schlüssel für wirtschaftliche Effizienz. Dr. Biermann bescheinigte den Gesellschaften der arabischen Welt ein hohes Bewusstsein und große Offenheit gegenüber digitalen Entwicklungen. Deutschlands Management-Szene sei hingegen teilweise etwas schwerfällig hinsichtlich der notwendigen Anpassungen an die digitale Wirtschaft.
Panel 4: Finance and Investment Possibilities: Capital Venture, FinTech and NFTs
Moderation: Dr. Kilian Bälz (Partner, Amereller Rechtsanwälte)
Teilnehmer: Prof. Dr. Christian Aders (Senior Managing Director, ParkView Partners), Alexander Doll (Chairman of Lincoln International, Board Member and Senior Advisor to Corporates, Private Equity and Family Offices), Dr. Holger Bingmann (Managing Partner BPI, President ICC Germany e.V., Founder DBU University), Fabian Bahr (Director Berlin Office, Giesecke+Devrient), Rakan I. Algaraawi (Associate International Office Director Germany, Ministry of Investment, Saudi Arabia)
Laut Kilian Bälz sei Deutschland angesichts des Kriegs in der Ukraine derzeit auf der Suche nach neuen Wirtschaftspartnern. Da man in diesem Zuge mit verstärktem Engagement deutscher Unternehmen in der arabischen Welt rechnen könne, rücke das Thema Finanzierung in den Mittelpunkt. Wie zukünftige Investments aussehen können, solle auf dem Panel diskutiert werden. Rakan Algaraawi präsentierte eingangs Ziele und Maßnahmen der saudischen Vision 2030, die die Grundlage für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Saudi-Arabien darstellt und neben einer Abkehr vom Öl als wirtschaftlichem Treiber eine Diversifizierung der saudischen Wirtschaft darstellt. Dazu gehören unter anderem Megaprojekte wie NEOM oder das Red Sea Project. Einige Ziele, unter anderem im Bereich Women Empowerment seien bereits zum jetzigen Zeitpunkt übererfüllt. Auch trügen jüngste Reformen inzwischen Früchte, zum Beispiel können ausländische Investoren inzwischen 100 Prozent der Anteile saudischer Unternehmen halten. Der weitere Verlauf des Panels stand unter dem Zeichen des russischen Kriegs in der Ukraine. Die Teilnehmer waren sich einig, dass zwischenstaatlicher Handel nach wie vor Menschen zusammenbringe und für interkulturellen Austausch sorge. Dr. Holger Bingmann hielt fest, dass es Wissensaustausch brauche, um gemeinsame wirtschaftliche Erfolge zu erlangen. Alexander Doll warf einen Blick auf die arabischen Finanzmärkte, die sehr fragmentiert seien. Dies sei gut im Sinne des Wettbewerbs, allerdings würde ein wenig mehr Kooperation an der einen oder anderen Stelle für bessere Planungssicherheit für Investoren sorgen. Auch könnten auf diese Weise Skaleneffekte erreicht werden, die bisher oft an unterschiedlichen Regularien scheiterten. Doch auch in Deutschland gebe es laut Algaraawi Aufholpotenzial beim Austausch innerhalb des privaten Sektors. Fabian Bahr berichtete von zwei zentralen Faktoren, von denen Unternehmen abhängig seien: Zum einen sei es unerlässlich für jedes Unternehmen, Absatzmärkte zu erschließen. Zum anderen gebe es bei vielen Regierungen zurzeit den Trend, Produktionsabläufe und -kapazitäten vom Ausland zurück ins Inland zu holen („Tech Sovereignty“). In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, wie Tech-Unternehmen in Zukunft innovativ bleiben können. Herr Bahr verwies schließlich darauf, dass innerhalb der arabischen Welt ein hohes Potenzial für weitere Startups bestehe.
Panel 5: What will the Food of the Future be like? Remarks on Food Security and Food Technology
Moderation: Wolf Schwippert (Anwalt, Rechtsanwaltskanzlei Schwippert)
Teilnehmer: Max Müller (Vice President, Head of Corporate PA Germany & Europe, Bayer AG), Dr. Khaled Hanafy (Generalsekretär der Union of Arab Chambers), Dr. Gihan Saleh (Advisor to the Prime Minister for Economic Affairs, Egypt), Prof. Dr. Ahmed Eltigani Elmansouri (CEO, Alrawabi Dairy Company)
Wolf Schwippert stellte gleich zu Beginn des Panels klar, dass Ernährungssicherheit ein hoch aktuelles Thema sei. In Bezug auf einen Artikel im Ghorfa-Mitgliedermagazin Souq sprach er von „Crisis, Climate and Covid“ als großen Herausforderungen, die die Ernährungssicherheit weltweit bedrohten. Max Müller warf eingangs einen Blick auf die globalen Rahmenbedingungen, die durch Bevölkerungswachstum gekennzeichnet seien. Dies führe dazu, dass Ernährungssicherheit insgesamt erodiere. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine verstärkten diesen Trend. Um das Problem zu lösen, seien globale Kooperationen unerlässlich. Dr. Hanafy stimmte dem bei und merkte an, dass insbesondere ärmere Länder von hohen Lebensmittelpreisen getroffen werden. Diese wirkten sich auch negativ auf den allgemeinen Lebensstandard aus. Dr. Gihan Saleh berichtete aus ägyptischer Perspektive von den Maßnahmen der Regierung zur Sicherung der Lebensmittelversorgung. Kurzfristig wurden Getreideimporte und Lagerkapazitäten erhöht. Mittelfristig versuche die Regierung, strategische Allianzen zu schmieden, um Importe weiterhin sicherzustellen. Langfristig müsse der Nachschub sichergestellt werden. Prof. Dr. Ahmed Elmansouri wies darauf hin, dass neben Pandemie und Krieg auch falsche Bodennutzung und Umweltverschmutzung den Ertrag reduzierten, bei der Landwirtschaft ähnlich wie beim Grundwasser. Im Folgenden sprach sich das Panel für zwischenstaatliche Kooperationen aus, um Versorgungssicherheit weltweit zu sichern. Diese müssten laut Dr. Hanafy langfristig angelegt sein und sollten nicht nur Getreide, sondern beispielsweise auch Energie umfassen, worauf Dr. Saleh hinwies.
Panel 6: Recovery and Revival: Business in the post-pandemic Arab World
Moderation: Dr. Philipp Stompfe (Anwalt, Alexander & Partner)
Teilnehmer: Olaf Hoffmann (CEO, Dorsch Group), Dr. Gihan Saleh (Advisor to the Prime Minister for Economic Affairs, Egypt), Dr. Khaled Hanafy (Generalsekretär, Union of Arab Chambers), Dr. Mahmoud Momtaz (Chairman, Egyptian Competition Authority), Dr. Alpertunga Kueksal (Country Cluster Head & Managing Director, BASF Middle East LLC), Mostafa El-Bagoury (CEO, Siemens Egypt)
Nach einer Einführung von Dr. Philipp Stompfe, in der dieser die weitreichenden Effekte der Pandemie auf Öl und Gas, aber auch auf Sektoren wie Tourismus darlegte, diskutierten die Teilnehmer, ob und wie sich die Geschäftswelt in den kommenden Jahren ändert. Dr. Mahmoud Momtaz berichtete, dass die Egyptian Competition Authority bereits ein Toolkit zu Compliance in Ägypten erarbeitet hat. Olaf Hoffmann zeigte sich besorgt angesichts der vielfältigen Krisen, mit denen Unternehmen zurzeit konfrontiert sind. Früher habe man alle fünf Jahre eine ernstzunehmende Wirtschaftskrise erlebt, zurzeit überlappten sich jedoch mehrere krisenhafte Entwicklungen. Dr. Hanafy erwartet in naher Zukunft Änderungen in der Art, wie Unternehmen online Geschäfte führen. Dadurch verändere sich die unternehmerische Organisationsstruktur vor allem für mittlere und große Unternehmen. Mostafa El-Bagoury erwartet, dass während des erwarteten Aufschwungs im Anschluss an die Pandemie vor allem Sektoren wie Health überdurchschnittlich wachsen werden, während Sektoren, die von Lieferkettenproblematiken betroffen sind, länger brauchen. Auf Nachfrage von Dr. Stompfe berichtet Dr. Saleh von den Erfolgen der ägyptischen Politik, die es geschafft habe, angemessen auf die pandemische Situation zu antworten, ohne zu starke wirtschliche Einschränkungen zu verhängen. Dr. Alpertunga Kueksal zieht Analogien zur Pandemiebekämpfung in den GCC-Staaten, die ähnlich effektiv gewesen sei. Er hoffe, dass die Pandemie auch weiterhin effektiv bekämpft werden könne, da dies über die weitere wirtschaftliche Entwicklung entscheide. Olaf Hoffmann hob die Wichtigkeit schneller und zielgerichteter politischer Handlungen hervor, um Krisen zu meistern. Sowohl während der Pandemie als auch angesichts des Ukraine-Krieges habe sich gezeigt, dass Regierungen mit zügigen Reaktionen erfolgreich gewesen seien. Dr. Saleh identifizierte den Aspekt der Digitalisierung als entscheidend für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung. Es sei entscheidend, dass Unternehmen sich entsprechend daran anpassten. Während Sowohl Dr. Hanafy als auch Dr. Saleh sahen große Vorteile durch die Verfügbarkeit von Daten, beispielsweise bei der Identifizierung von Über- oder Unterangeboten. Vor diesem Hintergrund veranstalte die Union of Arab Chambers die sogenannte „Arab Rallye for Entrepreneurs“, ein Wettbewerb für Studenten, die ihre Startups präsentieren können und evtl. gefördert werden.
Panel 7: Ambassador Talk: Perspectives on Arab-German Business Relations
Moderation: Dr. Florian Amereller (Partner, Amereller Rechtsanwälte)
Teilnehmer: Botschafter Khaled Galal Eldin Abdelhamid (Botschafter der Arabischen Republik Ägypten), Botschafter Oliver Rentschler (Director-General for Climate Diplomacy, Economic Affairs and Technology, Federal Foreign Office), Botschafter Abdulla Abdullatif Abdulla (Botschafter des Königreichs Bahrain), Dr. Dorothea Schütz (Deputy Director-General for Africa, Middle East, Foreign Economic Cooperation and Trade Fair Policy, Regional Director for Africa, Federal Ministry for Economic Affairs and Climate Action), Dieter Haller (Botschafter aD)
Dr. Florian Amereller eröffnete das Panel mit der Frage nach globalen und regionalen wirtschaftlichen Perspektiven angesichts der Lieferkettenproblematik und anderer krisenhafter Erscheinungen. Oliver Rentschler hob hervor, dass die globale Transition zu erneuerbaren Energien neue Allianzen hervorbringen werde. In Kombination mit dem aktuellen Trend zum „near-shoring” oder “friend-shoring” beinhalte dies einen Vorteil für die arabischen Staaten, privilegierte Wirtschaftsbeziehungen nach Europa zu knüpfen. Botschafter Abdulla Abdullatif Abdulla betonte, Bahrain und Deutschland hätten bereits gute Beziehungen. So sei der Technologietransfer aus Deutschland sehr wichtig für bahrainische Unternehmen, weitere potenzielle Kooperationsfelder seien Tourismus und die Infrastruktur- und Bauwirtschaft. So seien deutsche Unternehmen beispielsweise beim Bau des King Abdullah Medical Center beteiligt. Botschafter Khaled Galal Eldin Abdelhamid wies darauf hin, dass auch für nicht-ölexportierende Länder Möglichkeiten bestünden. Die ägyptisch-deutschen Beziehungen seien unter anderem durch einen Transfer von Technologie und Wissen gekennzeichnet. „Es geht um mehr als bloß um Warenaustausch“, erklärte Botschafter Abdelhamid. Dr. Dorothea Schütz umriss Deutschlands Rolle im Rahmen einer allumfassenden Entwicklung der arabischen Welt. Dort entwickle sich ein neues Paradigma der zwischenstaatlichen Kooperation, das die Tür für zahlreiche Projekte aufstoße. Deutschland solle positiv an dieser Entwicklung mitwirken. Botschafter Dieter Haller erwartet von der globalen Rivalität zwischen den USA und China Auswirkungen auf die deutsch-arabischen Beziehungen. Viele arabische Staaten seien bereits aktiv auf der Suche nach weiteren Partnerschaften, beispielsweise mit Indien, weshalb Deutschland seine Kooperationen in der arabischen Welt zügig ausbauen und auch in Bereiche wie Sicherheit und Kultur ausweiten sollte. Botschafter Abdulla merkte an, dass Kooperationen pragmatisch sein und an den jeweiligen Stärken der Partner ausgerichtet sein müssten. Während Bahrain beispielsweise im Bereich High-Tech Angebote habe, könne Deutschland mit seinen Kapazitäten im Bereich Mobilität und Infrastruktur beitragen. Rentschler wies im Kontext der aktuellen Entwicklungen darauf hin, dass zurzeit eine deutsche nationale Sicherheitsstrategie entwickelt werde, die sicherlich Auswirkungen auf die arabisch-deutschen Beziehungen habe. Dr. Schütz entgegnete, dass Grundlage jeder Strategie die Formulierung eigener Interessen sei. Im Falle Deutschlands lägen diese im Bereich Energiesicherheit. In diesem Feld müsse die Resilienz erhöht werden. Dabei könne Wasserstoff eine Rolle spielen. Weitere Themen deutsch-arabischer Kooperation seien die Auswirkungen der Überbevölkerung in der arabischen Welt einer- sowie der Arbeitskräftemangel in Deutschland andererseits, Ernährungssicherheit und Stärkung der Rolle der Frauen.