Deutsch-Arabisches Energieforum endet mit Plädoyer für eine engere Zusammenarbeit bei den Erneuerbaren Energien
Das 1. Deutsch-Arabische Energieforum, das am 14. und 15. Oktober in Berlin stattfand, war von produktiven Diskussionen geprägt. „Mir haben zahlreiche Teilnehmer versichert, dass die Veranstaltung der deutsch-arabischen Zusammenarbeit im Energiesektor wichtige Impulse gegeben hat“, erklärte Ghorfa-Generalsekretär Abdulaziz Al-Mikhlafi zum Abschluss der Forums.
Zu dem gemeinsam von der Ghorfa und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veranstalteten Forum kamen mehr als 300 hochrangige Entscheidungsträger aus Deutschland und den arabischen Ländern. Kooperationspartner der Veranstaltung waren die Europäische Kommission, die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), die Arabische Liga und die Generalunion der arabischen Handelskammern.
Die Sonnen- und Windkraft nahmen auf dem Forum einen breiten Raum ein. Die bilaterale Zusammenarbeit bei den erneuerbaren Energien berge enormes Potenzial, lautete der Tenor. Einerseits verfügten die deutschen Firmen über umfangreiches Know-how in der Solar- und Windenergie. Andererseits seien die natürlichen Bedingungen zur Nutzung der Sonnen- und Windkraft in der arabischen Welt geradezu ideal. Allerdings sei das Geschäft kein Selbstläufer. Es gelte schnell tragfähige Projekte zu entwickeln. Auch müssten die arabischen Staaten die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen schaffen.
Doch wurden auf dem Forum auch Aspekte der konventionellen Energieerzeugung sowie Fragen der Energieeffizienz und der Stromverteilung ausgiebig diskutiert. In diesem Bereich habe die deutsch-arabische Kooperation eine lange Tradition, hieß es. Das Potenzial sei aber längst nicht ausgeschöpft, da die arabischen Staaten aufgrund der wachsenden Nachfrage in alle Bereiche der Elektrizitätswirtschaft massiv investieren müssten.
Zum Auftakt des Forums betonte S. E. Amr Moussa, der Generalsekretär der Arabischen Liga, dass die arabischen Länder sehr an einer stärkeren Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Unternehmen interessiert sind. Wirtschaftliche Entwicklung setze eine stabile Energieversorgung voraus, und in der arabischen Welt gäbe es noch immer Regionen, die keinen Zugang zu Elektrizität hätten. Auch die erneuerbaren Energien spielten künftig eine wichtige Rolle. Die großen arabischen Wüsten seien, so Moussa, ein riesiges Reservoir, dass mit Hilfe deutscher Technologie nutzbar gemacht werden könne. Doch werde auch die Nuklearenergie im Energiemix der arabischen Länder künftig vertreten sein.
Ghorfa-Präsident Dr. Thomas Bach hob in seiner Eröffnungsansprache unter anderem das Potenzial der erneuerbaren Energien in der arabischen Welt hervor. Die Region sei reich an Sonnen- und Windkraft. In den Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) scheine die Sonne zum Beispiel 3000 Stunden im Jahr, während es in Deutschland lediglich 600 Stunden seien. Zudem sei die Intensität der Sonneneinstrahlung in den arabischen Ländern mehr als doppelt so hoch wie hierzulande.
Für deutsche und arabische Firmen, so Dr. Bach, biete der Sektor der erneuerbaren Energien große geschäftliche Chancen. Um dieses Potenzial voll zu erschließen, müssten die Unternehmen eng in Joint Ventures und strategischen Partnerschaften zusammenarbeiten. Dies sei der Schlüssel zum Erfolg.
Auch laut BDI-Präsident Prof. Dr. Hans-Peter Keitel „warten im arabischen Energiesektor enorme Geschäftschancen auf die deutsche Industrie“. Um den Mehrbedarf an Strom in den arabischen Ländern in den kommenden zehn Jahren zu decken, seien Investitionen bis zu 200 Mrd. US-Dollar in Aus- und Aufbau neuer Kraftwerkskapazitäten erforderlich, sagte Keitel. Ressourceneffizienz, intelligente Energiekonzepte und ein breiter Energiemix rückten zunehmend in den Mittelpunkt arabischer Energiepolitik. „Die deutsche Industrie kann Effizienz, und Effizienz ist das Zauberwort, mit dem sich deutschen Unternehmen im arabischen Markt Türen öffnen“, so Keitel.
Laut S. E. Prof. Dr. Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi, Botschafter des Königreichs Saudi-Arabien und Doyen des arabischen diplomatischen Corps in Deutschland, werden die erneuerbaren Energien künftig in den arabischen Ländern einen wachsenden Beitrag leisten müssen, um diese Stromnachfrage zu befriedigen. Für deutsche Firmen mit ihrem exzellenten Know-how eröffne dies gute geschäftliche Chancen. Prof. Shobokshi appellierte, nicht zu lange mit einem Engagement zu warten: „Sonst machen das die Anderen.“
Peter Hintze, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, gab einen Überblick über das kürzlich verabschiedete Energiekonzept der Bundesregierung. Danach sollen die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Zugleich soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch dann bei 60 Prozent liegen. Das Potenzial für eine Zusammenarbeit mit den arabischen Ländern im Energiebereich bezeichnete Hintze vor diesem Hintergrund als gut: „Lassen Sie uns Energiepartner werden“, appellierte er.
An den beiden Veranstaltungstagen fanden insgesamt zehn Sitzungen statt. In den Sitzungen 1 und 4 ging es in erster Linie um Aspekte der Solarenergie in den arabischen Ländern. Jamila Matar, Leiterin der Energieabteilung bei der Arabischen Liga, betonte in Session 1 die Notwendigkeit einer panarabischen Strategie bei den erneuerbaren Energien. Daran werde gegenwärtig auf nationaler Ebene und im Rahmen des Rates der Elektrizitätsminister in der Arabischen Liga gearbeitet. Auch solle ein ständiges Komitee für erneuerbare Energien und Energieeffizienz eingerichtet werden.
Paul van Son, CEO der Desertec Industrial Initiative Dii GmbH, betonte, dass das von Dii geplante solare Wüstenstromprojekt in Nordafrika nur gelingen könne, wenn es lokal unterstützt und mitgetragen werde. Die von großen deutschen Unternehmen gestartete Initiative sei nach allen Seiten offen. Aktuell gehe es unter anderem darum, mit einem Pilotprojekt in Marokko die Machbarkeit nachzuweisen. In Session 2 referierten unter anderem Vertreter aus Marokko, Abu Dhabi und Tunesien über Solarprojekte in ihren Ländern. So will Marokko, wie Mohamed El Haouari von der nationalen Agentur für erneubare Energien berichtete, mittel- und längerfristig Solarkraftwerke mit einer installierten Kapazität von insgesamt 2000 Megawatt (MW) realisieren.
Um die Windenergie ging es in Sitzungen 2 und 5. Es wurde deutlich, dass die natürlichen Bedingungen zur Nutzung der Windkraft in vielen Ländern der Region nahezu ideal sind. Norbert Dwenger von der Nordex SE in Norderstedt präsentierte Ergebnisse einer Studie, wonach das Potenzial der Windenergie in Ägypten, Libyen, Algerien, Marokko und Syrien am höchsten ist.
Nach Angaben von Mahmoud Attia Mustafa, Vice Chairman der ägyptischen “New and Renewable Energy Authority”, soll in Ägypten im Jahr 2020 zwölf Prozent des Stroms aus Windkraftanlagen stammen. Die installierte Leistung von netzgekoppelten Windparks werde dann 7200 MW betragen. Mahmoud Al-Khoshman von der syrischen SANA Investment Co. & MARAFEQ (Cham Holding Group) gab einen Überblick über die Situation in den Levante-Staaten Jordanien, Palästina, Libanon und Syrien. Danach gibt es dort eine vielversprechende Pipeline mit Windkraftvorhaben. Bis zum Jahr 2015 könnten Projekte mit einer Kapazität von 1000 MW realisiert werden. Auch deutschen Finanziers und Investoren eröffnen sich geschäftliche Chancen.
Die Stromerzeugung in konventionellen Kraftwerken auf der Basis von Erdgas und Erdöl stand im Mittelpunkt der Session 3. Laut Michael Wünnemann von Lahmeyer International wird die Stromnachfrage in den arabischen Ländern in den kommenden zehn Jahren um 80 Prozent zunehmen. Für Saudi-Arabien rechnet Dr. Saleh Alawji, stellvertretender saudischer Elektrizitätsminister, mit einem jährlichen Wachstum des Strombedarfs um zehn Prozent. Das Königreich setze auch künftig auf private Investoren bei Stromprojekten. Sie sollen 30 bis 40 Prozent des zusätzlichen Bedarfs in den kommenden zehn Jahren abdecken. Kuwait setzt zum Teil ebenfalls auf private Initiativen beim Ausbau der Stromversorgung. Laut Suhaila Marafi vom kuwaitischen Elektrizitätsministerium wird die installierte Kapazität in Kuwait von derzeit 11.300 MW bis zum Jahr 2020 auf 21.200 MW zunehmen und sich damit nahezu verdoppeln.
Um Fragen der Projekt- und Exportfinanzierung bei konventionellen Energien ging es im Rahmen der Session 6. Vertreter der European Investment Bank (EIB), der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, der saudischen Islamic Development Bank (IDB) und der KfW Ipex Bank GmbH berichteten über ihre Aktivitäten in diesem Bereich. So hat, wie EIB-Vizepräsident Dr. Matthias Kollatz-Ahnen mitteilte, die EIB seit 2002 Projekte in Algerien, Ägypten, Palästina, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien und Tunesien finanziert. Etwa 38 Prozent der Mittel gingen in Stromerzeugungsprojekte. Bei der IDB gehen, wie Husain Mugaibel berichtete, 18 Prozent der Finanzierungen in den Energiesektor.
Im Rahmen von Session 7 ging es um Finanzierungen von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien in den arabischen Ländern. Laut Silvia Kreibiehl von der Deutschen Bank sind eine solide Projektentwicklung und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen wichtige Voraussetzungen für Finanzierungen. Ebenso sah es Bruno Wenn, Sprecher der Geschäftsführung bei der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH. Die Finanzierung sei nicht das Problem. Es fehle vor allem an tragfähigen Projekten. Zudem müssten die Regierungen eine aktive Rolle spielen und den Strom zu kostendeckenden Preisen abnehmen.
In Session 8 wurden nationale, regionale und überregionale Strategien bei der Stromübertragung und die dafür benötigten Technologien erörtert. Tenor war, dass das Netz in und zwischen den arabischen Ländern massiv ausgebaut werden muss. Laut Fawzi Kharbat, Generalsekretär der Arab Union of Electricity, gibt es derzeit kaum Verbindungen zwischen Mashreq, Maghreb und den GGC-Staaten. Auch die Vernetzung mit Europa schreite nur langsam voran. Zudem fehle es in den arabischen Staaten an einem Rahmenwerk und Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel. In allen Bereichen hoffe er auf die Unterstützung durch die EU, sagte Kharbat.
In Session 9 wurde ein Überblick über die jüngsten technologischen Entwicklungen sowie die Herausforderungen für die Politik im Bereich energieeffizientes Bauen gegeben. Die Experten waren sich einig, dass das Potenzial von Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz in den arabischen Staaten enorm ist. Salha A. Abusabaa, Leiter der Sektion erneuerbare Energien bei der Arabischen Liga, wies darauf hin, dass die arabischen Staaten bei der Formulierung von gemeinsamen Leitlinien für Energieeffizienz weit fortgeschritten sind.
In der abschließenden Session 10 sprach sich Viktor Elbling, Leiter der Abteilung Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung im Auswärtigen Amt, für eine verstärkte Zusammenarbeit der europäischen und arabischen Länder auf der Basis intelligenter Lösungen aus. So berge Desertec die Chance für eine neue Art der regionalen Kooperation. Wichtig sei es, dass schnell konkrete Projekte auf den Weg gebracht würden. Laut S. E. Ramzy Ezzeldin, ägyptischer Botschafter in Deutschland, befinden sich die Partner in einer echten Win-Win-Situation. Ein kritischer Erfolgsfaktor sei insbesondere die Finanzierung von Projekten. Beide Seiten müssten innovative Finanzierungsmodelle schaffen.
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