Eine neue Rekordteilnehmerzahl von 850 hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Politik konnte das 12. Deutsch-Arabische Wirtschaftsforum verzeichnen, das vom 24. bis 26. Juni 2009 im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin stattfand.
Dr. Thomas Bach, Präsident der Ghorfa, bezeichnete die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen als „ermutigenden Faktor in der derzeitig schwierigen Lage der Weltwirtschaft“. Im vergangenen Jahr haben die deutschen Exporte in die arabische Welt mit einem Volumen von 28,1 Milliarden Euro eine neue historische Bestmarke erreicht. Entgegen dem weltwirtschaftlichen Trend setzte sich diese positive Entwicklung auch im ersten Quartal 2009 fort, in dem die deutschen Ausfuhren in die arabischen Länder erneut um drei Prozent wuchsen, während die weltweiten deutschen Gesamtexporte um über 20 Prozent zurückgingen. Daher sind „die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen nicht Teil des Problems der Weltwirtschaft, sondern Teil der Lösung der Krise, so Bach. Die arabischen Staaten haben sich große Ziele bei der Fortführung ihrer Wachstumspolitik gesetzt. Deren Realisierung wird eine hohe Nachfrage nach Ingenieurleistungen, Industrieanlagen, Baumaschinen und sonstigen technischen Ausrüstungen generieren. Dabei sind strategische Partnerschaften zwischen deutschen und arabischen Unternehmen für die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen von großer Bedeutung.
Die engen und bedeutenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der arabischen Welt betonte auch der Schirmherr der Veranstaltung, der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg. Er räumte in seiner Rede den deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen hohe Priorität bei dem Weg aus der Weltwirtschaftskrise ein. „Wir müssen Vieles tun, was die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen anbelangt. Das ist ein Feld mit großem großem Potenzial, und ich sehe hier Möglichkeiten, die wir ausschöpfen müssen und ausschöpfen können. Und dieses Forum zeigt, dass man diese Perspektive auch sieht. Das ist eine Rekordbeteiligung, und deswegen glaube ich, können wir das nicht genügend unterfüttern“, so der Bundeswirtschaftsminister während des Forums.
Der Hauptgeschäftsführer des DIHK, Dr. Martin Wansleben, unterstrich, dass es der deutschen Wirtschaft in der arabischen Region gut gehe: „Inzwischen ist das Geschäftsvolumen, das wir mit der arabischen Welt machen, deutlich über dem, was wir mit Südamerika machen und knapp unter dem, was mit China gemacht wird“, führte Wansleben weiter aus.
Das Forum hat sich zum wichtigsten Plattform der deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen entwickelt, stellte Adnan Kassar, Präsident der General Union of Chambers of Commerce, Industry and Agriculture for Arab Countries, in seiner Rede fest. Er wies darauf hin, dass die EU rund 18 Prozent der arabischen Gesamtexporte einführt, während 36 Prozent der arabischen Importe aus der EU stammen.
Beispielhaft für den wirtschaftlichen Wandel in der arabischen Welt stand Syrien als das diesjährige Partnerland des Forums. Dessen Stellvertretender Ministerpräsident für Wirtschaftsangelegenheiten, Dr. Abdullah Al-Dardari, der mit einer über 150-köpfigen Delegation aus Ministern und Unternehmern nach Deutschland gekommen war, stellte das Potenzial seines Landes heraus. Er erwartet für Syrien, das zahlreiche Wirtschaftsreformen nach dem Vorbild der sozialen Marktwirtschaft eingeleitet hat, ein Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent in diesem Jahr. Bis zum Jahre 2015 will Syrien rund 100 Mrd. Euro in der Entwicklung der Wirtschaft investieren. Er lud deutsche Investoren nach Syrien ein und hob die strategische Lage Syriens als Transportweg von Europa in den Irak und weiter nach Asien hervor. Das Levanteland wolle an seine historische Rolle als Transitland anknüpfen und investiere daher insbesondere in seine Infrastruktur. Deutsches Know-how und arabisches Kapital seien eine ideale Verbindung. Günter Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt, konstatierte, dass sich in Syrien bereits viel bewegt habe.
Alle maßgebliche Aspekte der deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen kamen in neun verschiedenen Podien zur Sprache, darunte Logistik, Infrastruktur, petrochemische Industrie, Bank- und Finanzwesen, IT-Industrie, Autoindustrie, Städteplanung und erneuerbare Energie. Dort wurden Projekte vorgestellt, Chancen und Herausforderungen besprochen und Meinungen ausgetauscht. Besondere Gesprächsrunden waren den Belangen von Familienunternehmen sowie Frauen als Unternehmerinnen gewidmet.
Zwei weitere Sitzungen befassten sich mit dem Wirtschaftspotenzial Iraks. Die vielfältigen und zahlreichen Geschäftmöglichkeiten seines Landes hob der Regierungssprecher der Republik Irak, Ali Aldabaggh, hervor. Dabei erwähnt er ausdrücklich das Gesundheitswesen, die Wasserwirtschaft und Umwelttechnologie, Bildung und Ausbildung sowie Infrastrukturprojekte. Die irakischen Wirtschaftsvertreter legen beim Ausbau ihrer Wirtschaft großen Wert auf deutsches Know-how.
Insgesamt zeigte sich erneut, dass die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen ein hohes, zum Teil noch nicht genutztes Potenzial bieten. In allen während des Forums zur Sprache gekommenen Branchen bis hin zum Bildungs- und Gesundheitswesen ist das Engagement deutscher Unternehmen, vor allem durch strategische Partnerschaften, lohnenswert. Die Teilnehmer des Forums konnten zahlreiche bestehende Kontakte ausbauen und neue knüpfen.
Als Fazit des Forums hielt Ghorfa-Präsident Dr. Bach fest, dass man zahlreiche Beispiele für die Erfolge der Wirtschaftsreformen in den arabischen Ländern feststellen konnte. Er wünschte sich, dass man in Deutschland den arabischen Partnern mit der gleichen Offenheit begegne, wie diese es umgekehrt gegenüber Deutschland praktizieren. Auch Syriens Stellvertretender Ministerpräsident Dr. Al-Dardari appellierte zum Abschluss des Forums an die deutsch-arabische Partnerschaft. Aus der gemeinsamen Geschichte biete sich an, Brücken für eine gemeinsame Zukunft zu bauen.
Das Wirtschaftsforum wurde von der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry in Kooperation mit dem DIHK und der Generalunion der Arabischen Kammern für Industrie, Handel und Landwirtschaft veranstaltet.
Zuvor, am 24. Juni, wurden Präsidiumssitzung und Generalversammlung der Ghorfa, ebenfalls in Berlin, abgehalten. Dabei wurde Ghorfa-Präsident Thomas Bach für weitere drei Jahre in seinem Amt bestätigt. Als neuer Vize-Präsident wurde Dr. Matthias Mitscherlich, Vorstandsvorsitzender der MAN Ferrostaal AG, gewählt.